ODV-Wissenschaftspreis des ZIV: Einfluss verschiedener Materialien auf periimplantäre Infektionen

Dr. Kerstin Theisen studierte in Frankfurt am Main und Graz Zahnmedizin. Seit 2013 arbeitet sie an der Abteilung für Zahnerhaltung, Parodontologie und Zahnersatzkunde der Grazer Universitätsklinik für Zahnmedizin und Mundgesundheit hauptsächlich im Bereich der Implantatprothetik. Seit 2017 ist sie auch im Vorstand der ÖGZMK Steiermark. Dr. Theisen ist eine von drei Preisträgern des ODV-Wissenschaftspreises des ZIV 2019. Der Titel ihrer preisgekrönten Arbeit lautet „Effect of different healing abutment and abutment materials on parameters of peri-implant infections“ („Einfluss verschiedener Heilungsschrauben- und Aufbautenmaterialien auf Parameter periimplantärer Inflammation“). ZMT führte mit der Preisträgerin das folgende Interview.

Was war der Beweggrund dafür, diese Studie durchzuführen?

THEISEN: Aktuell sind Materialien für Implantate und deren Suprastrukturen von großem Forschungsinteresse und haben für die klinische Anwendung eine wesentliche Bedeutung. In-vivo-Ergebnisse sind allerdings nur vereinzelt zu finden und beschränken sich meist auf Titan und Zirkon als verwendete Materialien. In der vorliegenden Pilotstudie wurden daher Heilungsschrauben und Implantataufbauten aus Titan, Zirkon und Polymethylmethacrylat (PMMA) in vivo miteinander verglichen.

Und wie war die Methodik der Studie?

THEISEN: Es handelte sich dabei um eine prospektive In-vivo-Studie. 30 Patienten und Patientinnen wurden rekrutiert und in drei verschiedene Gruppen (Titan, Zirkon und PMMA) randomisiert. Zu den Einschlusskriterien zählten ein guter parodontaler Status und mindestens ein fehlender Zahn im posterioren Bereich.
In dieser Arbeit wurden die folgenden Parameter untersucht und miteinander verglichen:
1) Entzündungswerte in der periimplantären Sulkusflüssigkeit, gemessen mittels MMP-8-Level;
2) klinische Parameter für periimplantäre Inflammationen wie Sondierungstiefe, Blutung auf Sondierung, Plaque-Index sowie radiologische Messung zur Bestimmung des marginalen Knochenverlusts;
3) Patientenzufriedenheit vor/nach der Behandlung.

Was waren die wichtigsten Ergebnisse der Studie?

THEISEN: Die Ergebnisse zeigten keinen signifikanten Unterschied der MMP-8-Werte (3-Monats-Ergebnisse), der klinischen Parameter sowie der Patientenzufriedenheit für Titan, Zirkon und PMMA als Material für Heilungsschrauben und Implantataufbauten. Es ergaben sich geringfügige Unterschiede, die Zirkon- und Titan-Implantataufbauten favorisierten.

Was sind die Limitationen der Untersuchung?

THEISEN: Die Anzahl der Probanden sowie der Untersuchungszeitraum (bis 15 Monate nach Implantation) waren limitierend. Daher wäre z.B. eine Multicenter-Studie mit einem größeren Patientenkollektiv und längerem Follow-up notwendig, um aussagekräftigere Ergebnisse zu erzielen.

Welche Schlussfolgerungen ergeben sich aus der Studie?

THEISEN: PMMA als Material für Heilungsschrauben und Implantat-aufbauten zeigt ähnliche klinische Kurzzeitresultate wie Zirkon und Titan. Bei positiven Langzeitergebnissen könnte es daher vermehrt in den klinischen Alltag implementiert werden.

Ist die Arbeit auch bereits in einem Journal eingereicht bzw. publiziert/akzeptiert?

THEISEN: Dies ist aktuell in Planung.

Gibt es andere Projekte, an denen Sie derzeit arbeiten?

THEISEN: Ich arbeite an verschiedenen Forschungsprojekten und klinischen Studien mit. In einer dieser Studien werden unterschiedliche Knochenersatzmaterialien für Sinusaugmentationen untersucht. In einer weiteren Studie beschäftigen wir uns mit verschiedenen Belastungsprotokollen nach der Insertion von sechs Implantaten im zahnlosen Unterkiefer.

Herzlichen Dank
für das Interview!

Dr. PETER WALLNER
Umweltmediziner und
Medizinjournalist
peter.wallner4@gmail.com

 

Dr. Kerstin Theisen