Signifikante Zusammenhänge - Parodontitis und Schlaganfall

Chronische Entzündungen des Zahnhalteapparates triggern zerebrovaskuläre Erkrankungen.

Der zerebrale Insult gehört zu den drei häufigsten Todesursachen in Europa und in den USA. Er führt auch bei nicht letalem Ausgang zu schweren Beeinträchtigungen der betroffenen Patienten. Als klassische Risikofaktoren gelten Hypertension, Hyperlipidämie, Adipositas, Diabetes und Tabakkonsum. Daneben sind chronische Infektionen wie etwa durch Herpesviren, Chlamydien oder Helicobacter pylori weitere Risikoparameter. Moderne Studien belegen auch signifikante Zusammenhänge zwischen chronischer Parodontitis und dem Schlaganfallrisiko. So etwa die „Oral Infections and Vascular Disease Epidemiologiy Study (INVEST)“, welche eine Korrelation zwischen chronischer Parodontitis und der Bildung atheromatöser Plaques in den Karotiden bestätigt. Patienten mit fortgeschrittenen Parodontalerkrankungen und Zahnverlusten durch Parodontitis weisen deutlich mehr arterielle Plaques in den Halsschlagadern auf als gesunde Vergleichspersonen. Interessanterweise besteht bei jüngeren Patienten unter 65 Jahren ein besonders starker Zusammenhang zwischen parodontalem Knochenverlust und zerebrovaskulären Erkrankungen.

Endothelschäden durch chronische Infektionen

Parodontitis betrifft mehr als 30% der Erwachsenen über dem 35. Lebensjahr,verläuft unbehandelt über Jahre chronisch mit akuten Schüben und ist die häufigste Ursache für vorzeitigen Zahnverlust. Sie führt nicht nur zu Gewebeverlust an Gingiva und Kieferknochen, sondern auch zu einer generell erhöhten Entzündungsbereitschaft, welche sich in einer vermehrten Bildung und Ausschüttung von Entzündungsmediatoren manifestiert. Besonders die gramnegativen anaeroben und fakultativ anaeroben Parodontitisbakterien wie Porphyromonas gingivalis, Tannerella forsythia, Treponema- und Prevotellaarten führen zum Anstieg proinflammatorischer Marker, die bekanntlich auch in engem Zusammenhang mit Entstehung und Fortschreiten arteriosklerotischer Erkrankungen stehen. Die Einflussnahme parodontal-pathogener Bakterien auf die Entstehung und Entwicklung der atherosklerotischen Plaques erfolgt über mehrere unterschiedliche Mechanismen. Zunächst werden diese Keime durch ständige passagere Bakteriämien aus dem entzündeten Gewebe der Mundschleimhaut in die Blutgefäße eingeschwemmt und wirken dort über ihre Toxine direkt destruktiv auf die Endothelien. Bei ihrer Desintegration setzen sie Lipopolysaccharide (LPS) frei, welche dann zu einer Zunahme von Prostaglandin E2 (PGE2), Interleukinen (Il-1, Il-6) und Tumornekrosefaktor a (TNFa) führen. Zudem werden Matrix-Metalloproteinasen (MMP) und andere proteolytische Enzyme gebildet.

Schlaganfallrisiko durch Entzündung und Autoimmunreaktion

Die permanente Keimbelastung und der daraus resultierende immunologische Respons alterieren die Blutgefäße mit subendothelialer Ablagerung von Cholesterin und Kalk. Eine besondere Gefahr sind die instabilen Plaques mit hohem Fettanteil und nur einer dünnen fibrösen Kappe, welche leicht rupturiert und dann thrombotisches Material in die Peripherie freisetzen. Zusätzlich geraten die im Sulkus der entzündeten Zahnfleischtaschen angereicherten Entzündungsmediatoren in das Serum und stimulieren in der Leber die Produktion des Akute-Phase-Proteins CRP (C-reaktives Protein). Fortgeschrittene Parodontalerkrankungen gehen fast immer mit einem gegenüber gesunden Kontrollgruppen erhöhten CRP-Level einher. Das chronisch erhöhte CRP mit Werten ab 2,1mg/l führt nachweislich zu einem vermehrten Thromboserisiko. Eine Reihe von Bakterien, besonders die schwarzpigmentierten Anaerobier aber auch Aggregatibacter actinomycetem-comitans, exprimiert sogenannte Hitzeschockproteine (HSP65). Durch die hohe molekulare Ähnlichkeit zwischen den Hitzeschockproteinen bakterieller Organismen und jener des Menschen wird eine Autoimmunreaktion induziert. Die ursprünglich gegen die bakteriellen Antigene gerichtete zelluläre und humorale Abwehr wendet sich gegen körpereigene Epitope und es kommt zur Zerstörung der Endothelien und Gefäßwände. All diese Mechanismen führen zu instabilen atherosklerotischen Plaques, Embolus-Bildung mit Verschluss der versorgenden Gefäße und letztendlich zum Schlaganfall. Die Dicke der atheromatösen Plaques korrespondiert dabei direkt mit der Schwere von chronischen Infektionen wie Parodontitis. Entzündungen des Zahnhalteapparates als unabhängiger Risikofaktor für zerebrovaskuläre Erkrankungen und Schlaganfall unterstreichen die Notwendigkeit einer gezielten Sanierung bestehender parodontaler Herde.

Ch. Eder, L. Schuder

DDr. CHRISTA EDER
FA für Pathologie und
Mikrobiologin
eder.gasometer@chello.at

DDr. Christa Eder beim Vortrag auf der WD