Interview - Klage gegen Wohlfahrtsfonts

Dr. Christian Fiala, Gynäkologe aus Wien, reicht es: Er hat Klage gegen den Wohlfahrtsfonds beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte eingereicht. Wie es dazu gekommen ist und wie es nun weitergeht – ein Gespräch mit Dr. Fiala.

Herr Dr. Fiala, wie ist es denn eigentlich zu dieser Klage gekommen?

FIALA: Bis 2012 habe ich mein ärztliches Einkommen jedes Jahr gemeldet und entsprechend meinen Beitrag zum WFF geleistet. Dann wollte die ÄK, bzw. die Fa. Concisa plötzlich einen vollständigen Steuerbescheid, sowie weitere zusätzliche Unterlagen, wie die vollständige Bilanz meines Gynmed Ambulatoriums. Diesen Eingriff in die Privatsphäre empfinde ich als unverhältnismäßig und ungerechtfertigt. Immerhin hat mein Steuerberater jedes Jahr alle ärztlichen Einkünfte vollständig angegeben. Ferner geht es beim WFF ja nur um eine zusätzliche private Pensionsversicherung. An dieser besteht ja kein öffentliches Interesse, wie bei der staatlichen Pension, welches einen derartigen Eingriff in Privatrechte rechtfertigen würde. Die Ärztekammer hat mir dann wegen meiner Weigerung den Steuerbescheid vorzulegen strafweise den Höchstbeitrag von 28.000,– € pro Jahr vorgeschrieben. Ich habe daraufhin das Gespräch und nach einer Lösung gesucht, weil ich mein ärztliches Einkommen ja vollständig und transparent angegeben hatte.

Haben Sie keine andere Möglichkeit gesehen?

FIALA: Es gab von Seiten der ÄK keinerlei Bereitschaft meine Argumente und meine Privatsphäre als Mitglied zu respektieren. Vielmehr schrieb mir Präsident Szekeres lakonisch es stehe mir „der Weg zum Gericht frei“, wenn ich anderer Meinung als die ÄK sei. Daraufhin blieb mir nichts anderes übrig, als den Klagsweg zu beschreiten, so wie sehr viele andere Kollegen dies ja ebenfalls getan haben. Es ist erschreckend mit welcher Arroganz der Macht unsere Berufsvertretung gegen uns als Mitglieder vorgeht. „Unser Präsident“ weigert sich Fragen rund um die enormen Verluste von über 200 Mio Euro beim WFF zu beantworten, auch unser offener Brief an ihn blieb bislang unbeantwortet.

Wie ist der Stand der Dinge derzeit?

FIALA: Es kann nicht sein, dass wir Ärzte zwar die Verantwortung für unsere Patienten tragen sollen, gleichzeitig aber für unser eigenes Leben mit einem überholten Zwangssystem bevormundet und entmündigt werden. Der Staat zwingt uns für eine Zusatzpension einzuzahlen, stattdessen müssen wir Schulden abzahlen, weil sich andere bedient haben. Da unsere Berufsvertretung nicht bereit ist dieses System und die Privilegien aufzugeben, müssen wir Ärzte uns organisieren. Ungeachtet der Entscheidung beim EMGR prüfen wir aktuell ein weiteres juristisches Vorgehen. Da geht es auch um die enormen Bezüge einzelner Ärzte in der Vergangenheit für welche wir Beitragszahler seit Jahrzehnten aufkommen.

Wie lange wird es dauern, bis der EMGR zu einem Urteil kommt?

FIALA: Das ist eine juristische Frage, die kaum zu beantworten ist.

Was erhoffen/erwarten Sie sich?

FIALA: Die Ärztekammer sollte im Sinne ihrer Mitglieder handeln und nicht gegen sie. Die erschreckend zahlreichen Klagen gegen unsere ‚Berufsvertretung’ sind ein deutliches Zeichen dafür, dass diese eben nicht die Interessen ihrer Mitglieder vertritt. Hier muss es zu einem Umdenken von Seiten der ÄK kommen.

Wenn das Urteil zu Ihren Gunsten ausgeht – wird das auch Signalwirkung für die gesamte Kollegenschaft inklusive der Zahnärzteschaft haben?

FIALA: Das ist zu hoffen. Schließlich ist nicht einzusehen, dass einzelne Berufsgruppen vom Staat dazu gezwungen werden eine zusätzliche Pension zu bezahlen, zusätzlich zum staatlichen System. Noch dazu wo dieses System intransparent und skandalbehaftet ist. Vielsagend ist ja z.B., dass sich die Funktionäre der ÄK und des WFF bezüglich ihrer eigenen Einkommen von der Beitragspflicht zum WFF befreit haben. Genau diese Funktionäre verkünden uns zahlenden Mitgliedern aber dauernd wie super das Zwangssystem angeblich ist. Die Unzufriedenheit innerhalb der Kollegenschaft ist enorm, wir bekommen extrem viel Unterstützung und Zuspruch. Der WFF ist jedenfalls angezählt und eine Änderung nur mehr eine Frage der Zeit.

Bei den Architekten wurde ein ähnlicher Wohlfahrtsfonds bereits 2013 in die SVA eingegliedert. Wäre das ein Modell für die Ärzte?

FIALA: Es wird unvermeidlich sein das derzeitige System entweder in eine freiwillige Zusatzpension umzuwandeln oder in das staatliche System einzugliedern. Es ist nicht einzusehen, dass uns Ärzten etwas vorenthalten wird, was für Architekten möglich war.

Herzlichen Dank für das Gespräch, das Dr. Birgit Snizek führte.

Dr. Christian Fiala