Der Steuerberater - Behandler entscheiden selbst, was ärztliche Heilbehandlung ist

Für ärztliche Heilbehandlungen müssen Mediziner bekanntlich keine Umsatzsteuer entrichten. Leider wird durch die Finanzverwaltung nicht jede am Patienten erbrachte Leistung automatisch als umsatzsteuerfreie ärztlicher Heilbehandlung anerkannt.

Es gibt eine Gruppe von Behandlungsleistungen, welche nicht in diese Kategorie fallen, beispielsweise ästhetische Leistungen. In einem exemplarischen Fall hat die Finanzverwaltung die Differenzierung zwischen medizinischen und rein ästhetischen Leistungen selbst in die Hand genommen und im Zuge der Betriebsprüfung bei einem Arzt diesem für einen Teil seiner Aktivitäten Umsatzsteuer vorgeschrieben. Diese Vorschreibung wurde in der 2. Instanz vom Bundesfinanzgericht bestätigt. Der betroffene Arzt hat in weiterer Folge beim Verwaltungsgerichtshof Beschwerde eingebracht und Recht bekommen. Nach diesem neuesten Urteil des Verwaltungsgerichtshofes vom Herbst 2017 (Ro 2017/13/0015-4) kann der medizinische Laie nämlich nicht feststellen, ob eine ästhetische Leistung medizinisch indiziert ist und damit umsatzsteuerfrei bleibt oder nicht. Im Anlassfall hatte ein Steuerprüfer mittels im Internet erworbenem Wissen selbst eine Einstufung und Aufteilung der vom geprüften Arzt vorgenommenen Behandlungsleistungen vorgenommen. Dabei wurde auf „Internet-Medizin“, konkret einschlägige Definitionen und Einstufungen aus der Website www.lifeline.de zurückgegriffen. Leistungen, bei denen dem Steuerprüfer aufgrund dieser Informationen und Unterlagen ein therapeutisches Ziel nicht vordergründig erschienen, wurden teils zu 80% und teils zur Gänze umsatzsteuerpflichtig behandelt. Zur letzten Gruppe zählte der Steuerprüfer beispielsweise Faltenbehandlung, Brauenlifting, Brustvergrößerung, Bruststraffung etc. Diese Vorgangsweise wurde vom Höchstgericht verworfen, dank dem neuesten Judikat ist jedenfalls klargestellt, dass es alleine dem Arzt obliegt, darüber zu befinden, ob eine ärztliche Leistung medizinisch indiziert ist. Alle von dieser Problematik betroffenen Ärzte sollten die Sache aber weiterhin nicht zu sehr auf die leichte Schulter nehmen: Wir empfehlen dringend, für den Fall des Falles eine genaue Dokumentation einer diesbezüglichen Differenzierung der Behandlungsleistungen vorzunehmen und zusammen mit dem Patientenakt aufzuheben. In vielen Fällen wird das Thema dadurch entschärft, dass seit 2017 eine Umsatzsteuerpflicht nur dann entsteht, wenn die Gesamtsumme der steuerpflichtigen Umsätze (ohne ärztliche Leistungen) 30.000 € überschreitet, siehe unseren Newsletter 1/2017.

Mag. WOLFGANG LEONHART
Leonhart + Leonhart –
Steuerberatung für Ärzte
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Tel 01/523-17-68 , www.leonhart.at