MKG-Chirurgie - Zu Besuch in St. Pölten

Seit knapp 9 Jahren leitet Prof. DDr. Franz Watzinger die Klinische Abteilung für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie des Universitätsklinikums St. Pölten. Davor war er im Wiener AKH tätig. ZMT besuchte ihn in St. Pölten und führte das folgende Interview.

Könnten Sie bitte die Abteilung kurz vorstellen?

Watzinger: Wir sind die einzige Abteilung für MKG-Chirurgie in Niederösterreich. Zusammen mit mir arbeiten insgesamt 12 ÄrztInnen an der Abteilung. Zusätzlich zum klinischen Betrieb sind wir auch an der Ausbildung der Studenten an der Karl-Landsteiner-Privatuniversität beteiligt. Die Zahl der Operationen und der Leistungen (LKF-Punkte) haben in den letzten Jahren stetig zugenommen. In der letzten Zeit gab es vor allem  eine Zunahme bei orthognathen Eingriffen. Wir arbeiten gut mit niedergelassenen Kieferorthopäden zusammen, die uns Patienten zur chirurgischen Weiterbehandlung (Umstellungs-Osteotomien) überweisen.
Ein weiterer Schwerpunkt ist die Präprothetik und Implantologie, dabei geht es vor allem um komplexe Fälle nach langjährigem Tragen einer Prothese, mit entsprechender Kieferatrophie. Oft wissen die Patienten nicht, welche Behandlungsmöglichkeiten es hier gibt. Wir bemühen uns auf jeden Fall, zufriedenstellende, leistbare Lösungen zu finden.  Bei schwieriger Ausgangssituation (große Lücken) arbeiten wir  bei der Positionierung von Implantaten mit der Navigation. Wir haben damit beim Finden der idealen Implantatposition sehr gute Erfahrungen gemacht.

Welche Schwerpunkte gibt es noch?

Watzinger: Weitere Schwerpunkte der Tätigkeit sind etwa die Behandlung von Fehlbildungen, speziell LKG-Spalten und die ästhetische und rekonstruktive Gesichtschirurgie (vor allem nach Unfällen). Die Versorgung von Patienten mit Gesichtstraumen bindet jahreszeitlich abhängig erhebliche Ressourcen an OP-Kapazität – dies vor allem im Sommer.  
 In der Tumorchirurgie beschäftigen wir uns vor allem mit der Behandlung von  Mundhöhlenkarzinomen. Aber auch Basaliome und Plattenepithelkarzinome der Haut spielen hier eine Rolle. Die Behandlung dieser Erkrankungen erfolgt nach Entscheid im Tumorboard zum Teil interdisziplinär zusammen mit Chemotherapie und Radiotherapie.
 An der Abteilung gibt es auch eine eigene Kiefergelenksambulanz. Neben der klassischen Schienentherapie werden auch Eingriffe am Gelenk gemacht, Punktionen, Spülungen (Arthrozentesen) und Arthroskopien. In Einzelfällen werden auch aufwändige Operationen, unter Umständen Kiefergelenksersatz-OPs, durchgeführt.
Spezialsprechstunden bieten wir für unsere Patienten und Zuweiser in den Bereichen orthognathe Chirurgie, Tumorerkrankungen, Präprothetik und Implantologie an.

Welche speziellen Techniken werden von Ihnen noch angewandt?

Watzinger: Bei Kieferaufbauten für Implantate kommt meist die Membrantechnologie sowie künstlicher bzw. boviner Knochen (nur manchmal eigener Knochen) zum Einsatz. Das ist für die Patienten deutlich schonender.  Nur bei größeren Defekten oder ausgeprägter Atrophie sind weiterhin Knochentransplantate erforderlich. Beim Sinuslift setzen wir eine hydraulische Pumpe (Jeder-Pumpe) ein. Durch den hydraulischen Druck wird die Kieferhöhlenmembran  weggedrückt und man kann längere Implantate und auch  Knochenersatzmaterialien einbringen (ohne Knochenaufbau). Benötigt wird dabei 3–4 Millimeter Restknochen. Die Operation erfolgt vom Kieferkamm her, wodurch es zu keinen Schwellungen und wenig Schmerzen kommt.

Bieten Sie auch Fortbildungen an?

Watzinger: Ja, etwa über Präprothetik und Implantologie. Und beim Wachauer Frühjahrssymposium werde ich am 20. Mai einen Vortrag über „Orthognathe Chirurgie: ein interdisziplinäres Behandlungskonzept im  Spannungsfeld zwischen Ästhetik und Funktion“ halten. Auch im Rahmen der Vortragsreihe von „Treffpunkt Gesundheit in Niederösterreich“ sind wir aktiv und informieren Patienten etwa über computergestützte Planung und Operationstechnik beim Einsetzen von Implantaten.

Zählt die Nasenchirurgie nach wie vor zu Ihren persönlichen Schwerpunkten?

Watzinger: Die Nasenchirurgie ist  weiterhin ein Steckenpferd von mir. Ursprünglich bin ich über die LKG-Spaltnasenchirurgie auf die Rhinoplastik  gestoßen. Davon ausgehend habe ich dann auch zahlreiche ästhetische und posttraumatische Korrekturen an der Nase durchgeführt. Bei der Nasenchirurgie ist speziell die Balance zwischen Ästhetik und Funktion zu beachten. In der orthognathen Chirurgie ist es dabei wichtig, zuerst das Gesicht, dann erst (eventuell) die Nase zu operieren.

Wie sieht Ihr Blick in die Zukunft aus?

Watzinger: Wir setzen in Zukunft vermehrt auf  3-D-Planungssysteme; so werden wir an der Abteilung in Kürze 3-D-Planungssysteme bei orthognathen Operationen einsetzen.

Herzlichen Dank für das Interview!
 

DDr. Franz Watzinger