Parodontitis und Fettstoffwechselstörung - Hyperlipidämie und Adipositas können die Mundgesundheit beeinträchtigen

Gingivale und parodontale Erkrankungen haben bekanntlich erhebliche Auswirkungen auf den gesamten Organismus und die Allgemeingesundheit. Der Einfluss auf kardiovaskuläre Erkrankungen und die Rolle oraler Entzündungen bei der Entstehung und Progression der Arteriosklerose sind Gegenstand zahlreicher Untersuchungen.

Erhöhte Blutfettwerte betreffen das Gesamtcholesterin, das verschobene Verhältnis LDL zu HDL und die Triglyzeride. Sie entstehen durch vermehrte Lipolyse in der Leber und in den Adipozyten des Fettgewebes. Manifeste Hyperlipidämie betrifft häufig Patienten im mittleren Lebensalter und tritt nicht selten in Kombination mit Adipositas, Bluthochdruck und Diabetes mellitus als Teil eines metabolischen Syndroms auf.

Bakteriell induzierte Zytokine destabilisieren den Fettstoffwechsel

Chronische Parodontitis führt durch rezidivierende Entzündungsschübe zur Zerstörung des gingivalen Gewebes und im fortgeschrittenen Stadium zu einem Abbau des Kieferknochens. Durch die ständigen bakteriellen Reize und die Einschwemmung mikrobieller Toxinen besonders der Lipopolysaccharide in das Blut, reagiert das Immunsystem mit einer vermehrten Bildung pro-inflammatorischer Zytokine wie Interleukin 1ß (IL1ß), Il6, IL8 und Tumornekrosefaktor (TNFa). Neben diversen Auswirkungen auf die Gewebe haben diese auch eine alterierende Wirkung auf den Lipidstoffwechsel. So wird das Enzym Lipoproteinlipase gehemmt und die Vernetzung von Fettsäuren mit Aminosäuren wird gestört. Bei parodontalen Entzündungen werden die Mengenverhältnisse zwischen der Alanin-Aminotransferase und der Aspartat-Aminotransferase verschoben. Diese veränderte Enzymkonstellation bewirkt eine Tendenz in Richtung hepatischer Dyslipidämie und Steatohepatitis. Die Lipide in Leber und Fettgewebe werden vermehrt ins periphere Blut freigesetzt. Eine Reihe von Studien zeigt signifikante Zusammenhänge zwischen Hyperlipidämie und Parodontitis. So sind das Gesamtcholesterin und die LDL bei Parodontitispatienten deutlich höher als bei einer oral gesunden Vergleichsgruppe. HDL, das „gute Cholesterin“, ist hingegen bei Entzündungen des Zahnhalteapparates erniedrigt. Zudem korrelieren Taschentiefe und der Attachment- verlust mit dem Ausmaß der Hyperlipidämie. Eine Gingivitis ohne Beteiligung des restlichen Zahnhalteapparates hingegen scheint wenig bis keinen Einfluss auf die Fettstoffwechselsituation zu haben. Während für die Cholesterinwerte in den meisten Studien übereinstimmende Ergebnisse vorliegen, ist der Zusammenhang zwischen Hypertriglyzeridämie und Parodontitis nicht so eindeutig ableitbar.

Porphyromonas gingivalis ein Schlüsselkeim für systemische Folgen einer Parodontalerkrankung

Das gramnegative anaerobe Stäbchen ist an Genese und Progression aggressiver Parodontitis beteiligt und dann oft in großer Menge im Sulkus nachweisbar. Der Keim durchbricht die Epithel-Bindegewebeschranke und dringt tief in das Weichgewebe und auch in die Endothelien der Gefäße ein. Hier kann er direkt im Blutgefäßsystem einen Antikörperrespons auslösen und so den Fettstoffwechsel alterieren. Da im menschlichen Körper Auswirkungen pathologischer Zustandsbilder selten nur in eine Richtung gehen, kommt es auch zu einer Rückwirkung der Hyperlipidämie auf den parodontalen Status. So wird bei gestörtem Fettstoffwechsel die Aktivität der weißen Blutkörperchen, besonders der segmentkernigen Granulozyten aktiviert. Dies führt bei vorbestehenden parodontalen Läsionen zu einer überschießenden Entzündungsreaktion auf die mikrobielle Belastung. Durch die massiv aus den Gefäßen austretenden Granulozyten wird das Gewebe, ähnlich wie bei einem Dammbruch, zerstört. Weitere Studien haben pathologische Zusammenhänge zwischen aggressiver Parodontitis und Hyperlipidämie aufgezeigt. So findet man bei beiden Krankheitsbildern gehäuft Dysfunktionen der Abwehrzellen, vor allem der polymorphkernigen Granulozyten. Neben manifesten Störungen des Lipidstoffwechsel scheint unabhängig davon auch Adipositas (definiert über einen BMI > 30kg/m2) die Zytokinausschüttung und damit die Progression von Parodontitis zu triggern. Neben den bereits bekannten Zytokinen TNFa und Il6 spielen hier Adiponectin, Leptin, Resistin und Plasminogen Aktivator Inhibitor (PAI) eine wichtige Rolle. Diese Gewebshormone werden direkt von den Fettzellen sezerniert. Leptin ist auch in der gesunden Gingiva nachweisbar und zeigt bei aktiven parodontalen Taschen eine stark reduzierte Konzentration. Resistin wiederum steht nicht nur mit Insulinresistenz sondern auch mit inflammatorischen Prozessen in engem Zusammenhang. Plasminogen Aktivator Inhibitor verursacht die Agglutination von Blut und senkt dadurch die Durchblutung der parodontalen Gewebe. Entzündliche Erkrankungen der Mundhöhle werden von pathologischen Prozessen des Gesamtorganismus wesentlich beeinflusst. Nur koordiniertes therapeutisches Management sämtlicher bestehender Erkrankungen kann letztendlich orale und körperliche Gesundheit wiederherstellen.

Ch. Eder, L. Schuder

DDr. CHRISTA EDER
FA für Pathologie und
Mikrobiologin
eder.gasometer@chello.at