Biochemischer Ansatz - Mitochondriale Medizin

Stress ist keine absolute Maßeinheit, nicht die Stundenanzahl der Arbeitszeit, nicht die Summe oder der Schwierigkeitsgrad der Aufgaben, sondern die individuelle Reaktion auf diese Belastungen.

Je jünger, fitter und trainierter unser Körper ist, umso schneller regenerieren wir nach einer Belastung. Wir halten mehr aus, und das über längere Zeit – und doch erholen wir uns recht schnell, eine kurze Pause bringt uns wieder ins Lot.
Mutet man sich über längere Zeit zu viel zu, funktioniert diese automatische Erholung nicht mehr, man gerät in einen Teufelskreis und benötigt therapeutische Hilfe. Wenn man das Problem frühzeitig erkennt, gibt es eine Menge wirksame Strategien. Am wichtigsten sind Zeiten zum Abschalten, am besten mit erfreulichen Aktivitäten und Bewegung. Allerdings gehört es ja fast dazu, dass man eine solche Erholungspause aufschiebt, gesellige Treffen und sportliche Betätigung ausfallen lässt, weil man sein Pflichtpensum noch nicht erledigt hat.
Ja, es hat etwas mit „selbst schuld“ zu tun. Aber durch positives Denken und erstrebenswerte Ziele allein kann man sich nur im Anfangsstadium selbst helfen.
Thema eines Vortrages von Prof. Dr. Sepp Porta, Institut für Angewandte Stressforschung, Fernitz-Mellach, bei der Jahrestagung der IMAK am 8.10.16: „Wir pflastern gewissenhaft den Weg in den Zusammenbruch – ein metabolischer Überblick“.
Der Stressforscher geht dabei durchaus methodisch vor: Mit transportablen Geräten werden in nur drei Minuten Blutgase, Puffer, Elektrolyte, Laktat, Hämoglobin und Hämatokrit im Kapillarblut gemessen.
Bei Anstrengung entsteht Säure. Abatmen von CO2 senkt den PH-Wert wieder. Mit steigender Erschöpfung wird die Atemfrequenz höher, der PH-Wert basischer, dadurch wird mehr Sauerstoff im Blut gebunden, weniger gelangt ins Gewebe (oxygen trapping). Es kommt zu Elektrolytverlusten, z.B. Magnesium und Calcium – und damit zu weiterer Leistungseinschränkung. Durch tägliche Messung während einer stressigen Woche kann man den sinkenden Elektrolytspiegel eindrucksvoll darstellen.
Bei fortgeschrittener Müdigkeit wird der Säureanstieg so stark, dass die Atemkompensation nicht ausreicht, obwohl kein Muskeleinsatz erfolgt. Wir haben keine Pufferkapazität mehr. Die Glykogenreserven sind eingeschränkt, die Akutbelastbarkeit ist gering. Die spontane Lösungsvariante: Kaffee oder Energy Drinks sind genau das Falsche.
Rasche Hilfe im Frühstadium: Magnesium und Sport. So wird der Energieumsatz erleichtert und eine schnelle Regeneration ermöglicht.
Auch auf mentale Belastung reagiert der Körper durch erhöhten Herzschlag und Atmung. Das Blut wird alkalisch und gibt weniger Sauerstoff ab, den Herz und Hirn dringend benötigen würden. Daraus resultieren Leistungsverlust und möglicherweise Infarkt oder Insult.
Schnelle Energie aus Zuckervorräten steht nicht zur Verfügung, diese sind bei Müdigkeit erschöpft, Energie muss daher aus Fett gewonnen werden. Müde Patienten haben dadurch einen sehr hohen Stoffwechsel und keine Reserven mehr. In den Pausen erfolgt bei ausreichend Reserven eine Überreaktion, die unsere Stressreaktion trainiert.
Achtung: Auch submaximale Arbeit führt ohne Pausen zu Erschöpfung! Mit erhöhtem Stoffwechsel und abnehmendem Magnesium steigen die freien Radikale an.
Als „große Pause“ ist natürlich ein erholsamer Schlaf zu verstehen – hormonell bedingte Schlafstörungen in der Menopause oder nächtliche Durchfälle bei Reizdarmsyndrom müssen behandelt werden! Die automatische Überkompensation in Ruhephasen führt zu Dopaminausschüttung und Glücksgefühl, wirkt also dem Burn-out mit depressiver Verstimmung entgegen.
Dazu passt ein Interview im „Kurier“ vom 6. Jänner mit dem Molekularbiologen Prof. Günter Lepperdinger (Universität Salzburg, Stammzellenalterung): Im Alter nimmt die Funktion der Lunge am stärksten ab, die Organe bekommen zu wenig Sauerstoff, um voll zu funktionieren, Damit fehlt auch die Energie zur Reinigung der Zellen und Regeneration der Stammzellen.

Und was hilft?

Traditionell versuchen wir, die Patienten mit Basenpulver und Diät zu entsäuern, substituieren Mineralstoffe, leiten blockierende Giftstoffe aus (die den Sauerstofftransport behindern). Es werden auch „Wundermittel“ zur Stärkung empfohlen wie Gelée royale oder Kokosöl. Die TCM kennt ebenfalls Kräuter und Nahrungsmittel, die Energie zuführen.
Der moderne biochemische Ansatz zielt direkt auf die Kraftwerke in unseren Zellen ab, die Mitochondrien. Dort finden die Atmungskette und der Fettsäureabbau statt, so Dr. Harald Stossier bei seinem Vortrag der IMAK-Tagung.
Die Mitochondrien haben eine eigene DNA, die von der Mutter vererbt wird. Durch muskuläres Training erhöht sich die Zahl der Mitochondrien. Die DNA ist nicht in einem Zellkern geschützt und dem Angriff von freien Radikalen (aus der Atmungskette) ausgesetzt. Sind mehr als 60% der Mitochondrien geschädigt, kommt es zu einer chronischen Erkrankung. Der Abbau von Superoxid erfolgt durch die Superoxid-Dismutase zu Peroxyd, dieses wird durch Glutathion-Peroxidase und Katalase zu Wasser reduziert. Verbindet sich das Superoxid-Anion mit dem Stickoxid-Anion NO, entsteht Peroxynitrit ONOO. Dieses hemmt irreversibel die Cytochrom-C-Oxidase der Atmungskette.
Von dieser Superoxid-Dismutase gibt es drei Formen:
SOD 1: abhängig von Kupfer und Zink, v.a. im Cytosol, hoher Anteil im Gehirn
SOD 2: abhängig von Mangan, v.a. in Mitochondrien
SOD 3: v.a. extrazellulär, Lunge Polymorphismus SOD 2: Mitochondrien produzieren Superoxid, Betroffene ermüden rasch. Therapie: Substitution von Kupfer, Zink, Gingko, Liponsäure, Vitamin C, Antioxidantien.
Mögliche Aktivierung der Mitos:
Fasten erhöht den Wirkungsgrad.
IHHT – Interval Hypoxie Hyperoxie Training: über eine Maske wird abwechselnd ein Sauerstoffunter und -überdruck erzeugt, nur gesunde Mitochondrien überleben die Hypoxie.
Zufuhr von CoQ10: empfohlen werden 200–400g/d, die flüssige Form ist besonders wirkungsvoll.
Außerdem: Vitamin B1, B3, Vitamin C, Eisen, Kupfer, Magnesium (nach Biotest oder Labor).
Die mitochondriale Aktivität ist messbar:
Indirekt: Über einen fluoreszierenden Farbstoff misst man das Membranpotenzial der Mitos in lebenden T-Lymphozyten oder Granulozyten.
Direkt: Granulozyten werden lysiert, ATP-Konzentration durch Chemoluminiszenz gemessen.
Vieles davon ist ein großer Aufwand und daher Schwerkranken vorbehalten. Ein Großteil der Erkenntnisse stammt aber aus der Sportmedizin und Biochemie.

MR Dr.
Eva-Maria Höller
Zahnärztin und
Kieferorthopädin in Wien
Schwerpunkt: Komplementärverfahren
Gerichtlich beeidete Sachverständige
mit Zusatzbezeichnungen
Kieferorthopädie und
Komplementärverfahren
ordi.hoeller@aon.at

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