Präsident DDr. Paul Loser im Gespräch: Evidenzbasiert - Neue Wege der Zusammenarbeit


DDr. Paul Loser, Präsident der Österreichischen Gesellschaft für Evidence-based Dentistry, engagiert sich seit 20 Jahren im Fortbildungsbereich. „Bereits als Kliniksprecher habe ich mit den Dentalfirmen vereinbart, dass sie die angehenden Zahnärzte nicht in ein Nobelrestaurant einladen, sondern lieber für Fortbildung sorgen“. ZMT führte mit Loser das folgende Gespräch.

Könnten Sie bitte die Österreichische Gesellschaft für Evidence-based Dentistry kurz vorstellen?

LOSER: Aus der Gesellschaft für Dentale Qualitätssicherung, der die Standesvertretungen und der Dentalhandel angehörten, entstand zunächst eine Arbeitsgemeinschaft für Evidence-based Dentistry im Rahmen der ÖGZMK. Diese Arbeitsgemeinschaft wurde dann im Jahr 2007 in eine Österreichische Gesellschaft für Evidence-based Dentistry umgewandelt, um mit den entsprechenden Gesellschaften anderer Länder zusammenarbeiten zu können. Ziel der Gesellschaft ist der Aufbau eines Kommunikations- und Informationsnetzwerkes zu den Themen Qualitätssicherung, Qualitätsmanagement, Leitlinien, Richtlinien, Health Technology Assessment und Evidence-based Medicine in der Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde. Natürlich sollen auch internationale Erfahrungen und Erkenntnisse in diese Informationsplattform einfließen. Erster Präsident der Gesellschaft war HR Prof. DDr. Robert Fischer, er ist heute Ehrenpräsident. Derzeitiger Präsident bin ich, 1. Vizepräsident ist Prim. Dr. Heinz Gallistl, 2. Vizepräsident ist Prof. Dr. Werner Ossmann. Die Tagungen der Gesellschaft sind seit jeher kostenfrei. Ich selbst habe nie einen Cent bekommen, ich ersuche auch die Sponsoren aus Wirtschaft und Industrie, nicht mir Geld z.B. für das Catering zu überweisen, sondern gleich direkt die Finanzierung zu übernehmen. Es gibt auf den Tagungen auch immer eine Spendenbox. Wir unterstützen so seit Jahren einen Salzburger Buben, der mit Spina bifida geboren wurde. Mittlerweile konnten wir für ihn 25.000 Euro sammeln. Ursprünglich saß er im Rollstuhl, durch diverse Therapien kann er jetzt mit Krücken die 1. Klasse Volksschule besuchen.

Was ist das Besondere an den Tagungen der Gesellschaft?

LOSER: Es geht uns erstens darum, keine Vorträge anzubieten, deren Inhalte man ohnehin schon oft gehört hat. Zweitens bemühe ich mich, Vortragende zu gewinnen, die noch nie vor Zahnärzten aufgetreten sind. So referierte etwa im letzten Jahr der Chef der Finanzprokurator zum Thema „Registrierkassenpflicht“. Drittens gilt bei uns schon immer das Motto: „Aus der Praxis für die Praxis“. Ein großes Anliegen sind uns auch Interdisziplinarität und das Einbringen von allgemeinmedizinischem Wissen, weiters Dentaltechnik und
wirtschaftliche Themen (inkl. Versicherungsaspekte und Nachhaftung). Die Tagungen finden immer gemeinsam mit (unter anderem) der ARGE Forensik statt, sodass natürlich auch forensische Fragen behandelt werden. Nach meiner Erfahrung agieren übrigens Richter bei Streitfragen zumeist mit Augenmaß. Ich bringe den Tagungsteilnehmerinnen und -teilnehmern auch immer etwas mit, seien es Hand-outs zu Aufklärung und Dokumentation, zu Honorarnoten, zum Generalvergleich oder eine Liste aller Bisphosphonate.

Wann wird die nächste Tagung stattfinden?

LOSER: Im Prinzip veranstalten wir zwei Tagungen pro Jahr. Allerdings ist es schwierig, Termine zu finden, wo es keine Überschneidungen mit anderen Veranstaltungen gibt. Heuer wird es höchstwahrscheinlich nur eine Tagung geben. Diese wird im Herbst stattfinden.

Welche Themen sind für die nächsten Tagungen geplant?

LOSER: Prof. Fischer und ich haben hier etliche Ideen, etwa: Wie evidenzbasiert sind komplementärmedizinische Verfahren in der Zahnheilkunde? Welche Rolle spielt Ernährungsmedizin in der Zahnheilkunde, welche die Physiotherapie? Wie sieht eine vernünftige, faire Beratung des Patienten aus? Wie geht man mit schwierigen Patienten um? Wo können drogensüchtige oder behinderte Patienten versorgt werden? Auch Medikamente in der Zahnmedizin, Kommunikation in verschiedenen Sprachen und „shared decison making“ sind sicher interessante
Themen.

Was liegt Ihnen sonst noch am Herzen?

LOSER: Ich würde mir wünschen, dass das „Vernadern“ und Schlechtmachen von Kollegen („Wer ist denn für das Verbrechen in Ihrem Mund verantwortlich?“) endlich aufhört. Weiters möchte ich betonen, dass eine gewisse Basisfertigkeit in Labortechnik sehr nützlich ist, um rasche Soforthilfe leisten zu können. Auf diese Weise können Sie Patienten große Freude bereiten.

Herzlichen Dank für das Interview!

Homepage der Gesellschaft: http://oegebd.at/

Dr. PETER WALLNER
Umweltmediziner und
Medizinjournalist
peter.wallner4@gmail.com

 

DDr. Paul Loser