MKG - Chirurgie Graz: Rückschau auf die letzten 2 Jahre

Seit 1. 10. 2014 leitet Prof. DDr. Katja Schwenzer-Zimmerer die klinische Abteilung für MKG-Chirurgie der Grazer Klinik für Zahnmedizin und Mundgesundheit. ZMT führte mit ihr das folgende Interview.

Ihr Rückblick auf die vergangenen zwei Jahre?

SCHWENZER-ZIMMERER: Die vergangenen zwei Jahre haben einiges an Herausforderungen gebracht. Dinge, die ich ändern bzw. einführen wollte, wie Behandlungskonzepte und Abläufe, Kommunikation oder wissenschaftliche Projekte und Kooperationen, aber auch Themen, die uns auferlegt wurden wie Umsetzung des Arbeitszeitgesetzes, Umbauten, Dislozierungen, die Eröffnung der neuen Zahnklinik, Vorbereitung des zentralen OP-Zentrums und insbesondere die Planung unserer Abteilung innerhalb des Gesamtprojektes Chirurgie 2020. Mein Team hat mit mir zusammen unter teilweise größtem Einsatz so gut wie möglich all diese vielfältigen Themen gemeistert.
Die größte inhaltliche Veränderung betrifft Kinder mit Fehlbildungen. Sie werden seit Oktober 2014  im Alter zwischen drei und sechs Monaten –  wenn möglich in einer Sitzung – komplett operiert. Erwähnenswert ist hierbei, dass alle Kinder jetzt im Kinderzentrum stationär behandelt werden. Kinder sind bekanntlich keine kleinen Erwachsenen, sie benötigen Kinderanästhesie, Kinderkrankenschwestern, ein kinderfreundliches Ambiente auf der Station und eine entsprechende Vor- und Nachsorge. Wir haben eine sehr gute Zusammenarbeit mit der Kinderchirurgie (Prof. Till), Kinderanästhesie und Neonatologie sowie Pädiatrie. Das Kinderzentrum ist zweifellos ein großer Gewinn und ermöglicht eine Versorgung auf höchstem Niveau. Kinder unter zehn Jahren kommen für stationäre Aufnahmen immer ins Kinderzentrum; die Altersobergrenze beträgt 18 Jahre.
Eine weitere positive Entwicklung ist auch die erfolgreiche Implementierung interdisziplinärer Boards. Es gibt für Kopf-Hals-Tumoren ein Tumorboard, das gemeinsam von mir und Prof. Thurnher, HNO-Klinik, von organchirurgischer Seite geleitet wird und zusammen mit den Fachleuten der Onkologie, Strahlenklinik, Pathologie etc. jede Woche stattfindet. Jeder Tumorpatient wird in diesem Board gemeinsam besprochen und die Therapie festgelegt. Das Kopf-Hals-Tumorboard ermöglicht eine qualitativ hochwertige, leitlinienkonforme individuelle Versorgung von PatientInnen mit Kopf-Hals-Tumoren auf dem höchsten Versorgungsniveau unter Berücksichtigung der jeweiligen Begleiterkrankungen und persönlichen Situation. Die Zusammenarbeit erfolgt in kollegialer, ich möchte fast sagen amikaler Weise, es gibt kein Konkurrenzdenken,  die Patienten stehen im Mittelpunkt, es geht um das Beste für sie. Zudem gibt es innerhalb dieses Boards auch ein Schädelbasis-Tumorboard gemeinsam mit der Univ.-Klinik für Neurochirurgie (Prof. Mokry) und bei Erkrankungen der Orbita zusammen mit der Augenklinik. Weiter gibt es Boards für Tu-morerkrankungen bei Kindern sowie bei Gefäßfehlbildungen, an denen wir bei Bedarf teilnehmen.
Auf der MKG-Chirurgie können wir alle Eingriffe von dentoalveolären Operationen, Traumatologie, Orbitachirurgie, Umstellungsosteotomien und Fehlbildungschirurgie bis hin zu Wiederherstellungsoperationen anbieten. Dies geschieht unter Einsatz aller rekonstruktiven Maßnahmen, abgestimmt auf die funktionellen Anforderungen und die Defektgröße je nach Fall mit 3D-Planungen und auch unter Nutzung patientenspezifischer Implantate. Die Lebensqualität der Patienten steht hier im Vordergrund. Unser Stammteam ist fachlich international auf dem neuesten Stand. Es werden u.a. in unserer Abteilung jede Woche mehrere Kieferumstellungen sowie mikrovaskuläre Fernlappen zur Rekonstruktion bei Defekten von Knochen und Weichteilen in allen Ausdehnungen vorgenommen.
Persönlich habe ich mich mit meiner Familie sehr gut eingelebt und es nicht bereut, nach Graz gewechselt zu haben.

Worum geht es beim „Face 2 Face – science meets art“-Symposium, das vor zwei Monaten stattgefunden hat?

SCHWENZER-ZIMMERER: Das Dauerthema ist das Zusammenspiel zwischen Kunst, technischen Wissenschaften und Medizin. Es geht darum, sich Zeit zu nehmen für  Überlegungen und neue Ideen. Die Kommunikation soll nicht im alten Trott erfolgen, es soll um Dinge gehen, die nicht schon 1000 Mal gedacht wurden. Das Symposium beschäftigt sich auch mit Musik, Design (z.B. von Gerätschaften), Innenarchitektur, die für die Lebensqualität – auch bei der Arbeit – eine Rolle spielen…
„Face 2 Face“ hat bisher zweimal stattgefunden, heuer war das Symposium besonders schön, mit spannenden Beiträgen „aller Art“ von Medizinern und Technikern, einer Special Lecture über „Spiritual Care“, fantastischen Beiträgen von Künstlern, einer Führung durch Ausstellungen im Rahmen des Steirischen Herbstes in Kooperation mit dem Universalmuseum Joanneum, mit dem Gesellschaftsabend in der „Needle“ im Kunsthaus und einer Farewell-Party in einer Buschenschank in Mariatrost.
Während beim ersten Symposium Kinder im Mittelpunkt standen, lautete das Thema diesmal „Ganzheitliche Behandlung (älterer) Erwachsener“. Im Rahmen einer kleinen Studie wurden z.B. Kindergartenkinder aufgefordert, in einem Gemälde auszudrücken, wie sie alte Menschen sehen.
Generell soll „Face 2 Face“ neue Projekte und die fachübergreifende Kommunikation anstoßen. Es wird auf der neuen Zahnklinik noch heuer Forschungsflächen geben, wo mit Industrie und technischen Wissenschaften zusammen an solchen Projekten gearbeitet wird.
Das Symposium wird auch im nächsten Jahr wieder stattfinden. Es geht dann wieder um Kinder, Termin ist der 6. und 7. Oktober, und wir erwarten wieder internationale und nationale Referenten.

Sind Sie in der letzten Zeit wieder mit OP-Teams in Kambodscha gewesen?

SCHWENZER-ZIMMERER: Ja, im November war wieder ein buntes Team von unserer Klinik, aus Deutschland und der Schweiz für einen humanitären Einsatz in Kambodscha. Der Aufenthalt erdet einen und unsere Probleme erscheinen kleiner. Auf jeden Fall sind die meisten Probleme in Österreich besser lösbar als in Kambodscha. 

Wie sieht Ihr Blick in die Zukunft aus?

SCHWENZER-ZIMMERER: Ich würde sagen, es hat – trotz der erwähnten Herausforderungen – gut begonnen. So wie wohl alle Universitätskliniken werden auch wir in Zukunft mit budgetären Nöten kämpfen müssen. Ich gehe aber davon aus, dass es uns weiterhin gelingen wird, in allen Bereichen der MKG-Chirurgie auf höchstem Niveau tätig zu sein.

Herzlichen Dank für das Interview!

Infos zu „Face 2 Face“:
www.medunigraz.at/face-2-face

Dr. PETER WALLNER
Umweltmediziner und
Medizinjournalist
peter.wallner4@gmail.com

Prof. DDR. Katja Schwenzer-Zimmerer