Innsbruck - Digitale Totalprothetik

Nachdem wir zuletzt Professoren der Universitätszahnklinik Wien interviewt hatten, steht diesmal wieder Innsbruck im Fokus. ZMT sprach mit Prof. DDr. Ingrid Grunert, Direktorin der Universitätsklinik für Zahnersatz und Zahnerhaltung in Innsbruck. 

Wie sehen Ihre Erfahrungen mit der digitalen Totalprothetik aus?

GRUNERT: Wir arbeiten mit mehreren Systemen und ich muss sagen, die Ergebnisse sind erstaunlich gut. Mit der gefrästen Prothesenbasis gibt es keine Schrumpfung des Kunststoffes und daher keinen Verzug. Die Saughaftung ist daher bei der Eingliederung, auch bei der Unterkieferprothese, ausgezeichnet. Die Außengestaltung der Prothesen und das ästhetische Erscheinungsbild entsprechen zwar nicht ganz einer vom Zahntechniker gefertigten Prothese, aber der Halt – das ist ja für die Patienten am wichtigsten – ist, wie erwähnt, in den meisten Fällen sehr gut. Generell ist derzeit beim abnehmbaren Zahnersatz eine spannende Zeit, man kann bei der digitalen Prothetik experimentieren und Dinge, die bisher als unumstößlich galten, hinterfragen (z.B. ob man bei CAD/CAM-Prothesen für den Halt der Oberkieferprothese wirklich die A-Linie radieren muss).
In Zukunft wird es in der digitalen Totalprothetik sicherlich noch zu weiteren Verbesserungen kommen, etwa auch bei der digitalen Abformung. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis man auch den zahnlosen Unterkiefer digital abformen kann.
Meine ursprünglichen Hoffnungen, dass auch unerfahrene Zahnärzte/Zahnärztinnen durch die digitale Technologie leichter zu einem guten Ergebnis kommen, haben sich allerdings nicht erfüllt. Da bei manchen Systemen Abformung und Kieferrelationsbestimmung in der gleichen Sitzung erfolgen, ist es sogar schwieriger, zu kontrollieren, ob z.B. die korrekte vertikale Dimension eingestellt ist (siehe Abb.).
Was man aber sagen kann: Durch die digitale Technologie haben junge Kolleginnen und Kollegen wieder mehr Interesse am abnehmbaren Zahnersatz. Ich betreue derzeit zwei Diplomarbeiten zu diesem Thema, und die Studenten sind wirklich mit Feuereifer dabei.
Frau DDr. Steinmaßl von meiner Klinik beschäftigt sich außerdem mit materialkundlicher Forschung im Bereich der digitalen Prothetik. Hier scheint es auch viele Verbesserungen zur konventionellen Herstellungsweise zu geben.

Gibt es interessante Neuigkeiten im Bereich der Gerostomatologie?

GRUNERT: Ein entsprechendes Pilotprojekt wird derzeit von uns zusammen mit der Tiroler Gebietskrankenkasse in zwei Altersheimen (Hall und Innsbruck) durchgeführt. Es liegen erste positive Ergebnisse vor, das Bewusstsein hinsichtlich der Bedeutung der Mundgesundheit beim älteren Menschen hat stark zugenommen. Ich hoffe sehr, dass das Projekt in Zukunft in Tirol flächendeckend umgesetzt werden kann.

Findet der Universitätslehrgang „Craniomandibuläre und muskuloskelettale Medizin“ derzeit statt?

GRUNERT: Ja, wir haben den zweiten Durchgang diese Masterstudiums (MDSc) im Herbst gestartet, es sind diesmal fast 20 TeilnehmerInnen dabei. Es gibt jetzt mehr theoretische Online-Module und daher weniger Präsenztage, die manuell-praktischen Module sind aber gleich geblieben.

Wie sieht es mit der dreijährigen Ausbildung für zahnärztliche Assistentinnen in Tirol aus?

GRUNERT: Es gibt eine gemeinsame Ausbildung durch Zahnklinik, Ausbildungszentrum West und Zahnärztekammer. Die theoretische Ausbildung mit 600 Stunden findet im zweiten und dritten Ausbildungsjahr statt. Erfreulicherweise wollen viele niedergelassene Zahnärzte bei den Vorlesungen mitmachen.

Herzlichen Dank für das Interview!

Dr. PETER WALLNER
Umweltmediziner und
Medizinjournalist
peter.wallner4@gmail.com

Prof. DDr. Ingrid Grunert