Neue Serie (Teil 1): Intraorale maligne Melanome und benigne pigmentierte Schleimhautveränderungen:

Primäre Schleimhautmelanome der Mundhöhle zählen mit einem Anteil von ein bis fünf Prozent zu den eher seltenen malignen oralen Läsionen. Allerdings sind sie ausgesprochen aggressiv und haben, wenn das in-situ-Stadium überschritten ist, eine ausgesprochen schlechte Prognose. Nun imponieren aber gerade frühe, nicht invasive Formen relativ unspektakulär. Sie werden daher häufig übersehen und sind nicht leicht gegen andere harmlose pigmentierte Läsionen abzugrenzen.

Melanome findet man bevorzugt am harten Gaumen und am Alveolarkamm des Oberkiefers, selten am Unterkiefer auf. Zwei Drittel entstehen ohne vorangehende typische Precursorläsionen, ein Drittel entwickelt sich auf Basis anderer, zunächst harmloser mukosaler Pigmentveränderungen. Sie imponieren als schwarzbraune bis blauschwarze Flecken oder Knötchen, können aber in seltenen Fällen auch völlig unpigmentiert als amelanotische Melanome auftreten. Typischerweise sind sie unscharf begrenzt, die Pigmente sind unregelmäßig innerhalb der Läsion verteilt. Eine Hilfestellung bei der Identifizierung von Melanomen bietet die ABCD-Regel: A steht für die Asymmetrie der Läsion, B für unregelmäßige Begrenzung, C für den meist dunklen Colorit und D für einen Durchmesser von mehr als 5 mm.

Frühe lymphogene und haematogene Metastasierung

Nur um die 15% der intraoralen Melanome werden im in-situ-Stadium, das heißt vor der beginnenden sub-epithelialen Invasion, diagnostiziert. Meist liegen bereits Mischbilder aus nicht invasiven und infiltrierenden Anteilen vor. Die Metastasierungsrate zum Zeitpunkt der Diagnosestellung beträgt zwischen 25–75%, wobei sowohl Absiedelungen über die Lymphwege in die regionalen Lymphknoten als auch über die Blutbahn stattfinden. Auf den zunächst flachen, pigmentierten Flecken entstehen erhabene kleine Knötchen. Es zeigen sich sowohl horizontale Wachstumsmuster im Sinne einer oberflächlich spreitenden Läsion im Papillarkörper der Lamina propria (superficial spreading melanoma) als auch eine vertikale Ausbreitung der Tumorzellnester in das submuköse Bindegewebe. Häufig verstärkt sich mit zunehmender Größe der Läsion auch die Intensität der dunklen Pigmentierung. Fortgeschrittene Melanome ulzerieren das Oberflächenepithel, es kommt zu Blutungen und in der Folge auch zum Einwachsen in benachbarte Gewebe. Die Tumorformationen können den Kieferknochen zerstören; es kommt zur Lockerung der benachbarten Zähne.
Histologisch finden sich Nester und Zellstränge atypischer epitheloider oder spindelförmiger Melanozyten mit pleomorphen hyperchromatischen Zellkernen. Sie wachsen zunächst entlang der dermoepithelialen Grenzzone mit destruierenden pagetoiden Infiltraten in das Oberfächenepithel. Dann breiten sich die Zellnester in die Tiefe aus, wobei die Tumorzellen keine Tendenz zur Ausreifung zeigen. Sekundäre Melanome auf der oralen Mukosa sind ebenfalls möglich, es handelt sich hierbei um metastatische Absiedelungen von einem kutanen Primum oder um das Rezidiv einer vorangegangenen Läsion. Die Therapie besteht in einer vollständigen chirurgischen Resektion mit einem Sicherheitsabstand von idealerweise 15 mm.
Wegen der Agressivität invasiver oraler Melanome ist eine frühzeitige korrekte Diagnosestellung eine absolute Notwendigkeit. Für den Zahnarzt bedeutet dies, jede pigmentierte und auch unpigmentierte Schleimhautläsion, bei welcher ein Melanom nicht zu 100% ausgeschlossen werden kann, unverzüglich histopathologisch untersuchen zu lassen. Bei höhergradigem Verdacht auf ein malignes Melanom sollte die Läsion primär in toto exzidiert und nicht lediglich biopsiert werden, um eine mögliche Streuung von Tumorzellen zu vermeiden.

Exo- und endogene Ursachen oraler Pimentveränderungen

Die zahlreichen benignen Differenzialdiagnosen des malignen Melanoms erschweren eine korrekte primäre Zuordnung derartiger Neoplasien. Es stellt sich daher die Frage nach den häufigsten Ursachen für Pigmentablagerungen in der Mundschleimhaut. Hierzu gehört eine Reihe exogen bedingter und/oder eingebrachter dunkler Pigmente. Diese geraten häufig iatrogen in die Schleimhaut und werden dort in Form dunkler Flecken sichtbar. Eine Reihe von Medikamenten, wie Tetrazykline, Antimalariamittel, ACTH, Phenothiazine, Chloroquin, Zidovidin, Tacrolimus, Cyclophosphamid, orale Kontrazeptiva und auch Gold in der Rheumatherapie können solche Verfärbungen bedingen. Eine anamnestische Erfassung von Dauermedikationen der betroffenen Patienten ist hier in jedem Fall sehr hilfreich. Bei Vergiftungen oder vermehrter Belastung durch Schwermetalle wie Blei, Wismut, Kupfer, Arsen, Cadmium, Silber und Quecksilber kommt es zu entsprechenden dunklen Ablagerungen in der Mundschleimhaut. In Gewebsbiopsien aus den verfärbten Arealen findet man das Pigment in Form von Granula an Gefäßwänden oder als Kerneinschlusskörperchen im Mesenchym. Daneben können chromogene Bakterien oberflächliche Farbstoffablagerungen bedingen. Einige Bedeutung kommt im zahnärztlichen Bereich auch der sogenannten Amalgamtätowierung zu. Das Amalgam gerät beim Entfernen von Zahnfüllungen in kleinen Partikeln in die Gingiva oder die Mukosa des Alveolarkammes. Ähnliche Prozesse führen zu dunklen Verfärbungen an den Rändern von Metallkronen. Da sich die Metallteilchen im Schleimhautniveau ablagern, können sie makroskopisch sehr ähnlich einer melanozytären Läsion imponieren und sind im Zweifelsfall histologisch gegen eine solche abzugrenzen. Im mikroskopischen Schnittbild findet man die Metallpartikel abgelagert in Makrophagen.
Eine große Gruppe von benignen pigmentierten Läsionen steht im Zusammenhang mit endogenen Pigmenten. Dazu gehören das Haemoglobin, welches rötliche bis rotschwarze Verfärbungen vaskulärer Läsionen und Petechien bedingt; das Haemosiderin, welches nach Traumata, Haemorrhagien oder bei Haemochromatose im Gewebe abgelagert wird, und das Melanin in den Melanophagen und Melanozyten bei Pigmentüberproduktion. Die wichtigsten Differenzialdiagnosen des malignen Melanoms werden im zweiten Teil dieser Zusammenstellung diskutiert.

Ch. Eder, L. Schuder

DDr. CHRISTA EDER
FA für Pathologie und
Mikrobiologin
eder.gasometer@chello.at

Extenso carcinoma verrucoso de la lengua