Department für zahnärztliche Chirurgie und Röntgenologie - Zehn Jahre Bestandsjubiläum in Graz

Die zahnärztliche Chirurgie in Graz feiert ihr zehnjähriges Jubiläum mit einer besonderen Fortbildungsveranstaltung am  7. März. Wir haben dazu Prof. DDr. Norbert Jakse interviewt.

Herr Professor, seit zehn Jahren leiten Sie nun das Department für Zahnärztliche Chirurgie und Röntgenologie in Graz. Was waren die größten Herausforderungen?

Jakse: Wir haben als universitäre Einrichtung im Gesundheitssystem drei grundsätzliche Aufgabenbereiche – die verantwortungsvolle Patientenversorgung – auch unseren vertrauensvoll zuweisenden Kolleginnen und Kollegen gegenüber, die fachliche Ausbildung unserer Studierenden und die Sicherstellung von wissenschaftlichem Fortschritt. Es ist eine dauerhaft anhaltende Herausforderung meines ausgezeichneten Teams, diesen Aufgaben in allen Belangen mit entsprechender Qualität gerecht zu bleiben. Erschwerend kommt dazu, dass sich die Rahmenbedingungen immer wieder verändern.

Welche Schwerpunkte in Wissenschaft und Lehre sowie in der Versorgung von Patienten haben Sie sich und Ihrer Abteilung gesetzt?

Jakse: Aufgrund meines persönlichen fachlichen und wissenschaftlichen Werdegangs war von Anfang an die Geweberekonstruktion zentraler Schwerpunkt unserer klinischen, aber auch wissenschaftlichen Tätigkeit. Wir führten einerseits neue Entnahmeregionen und Augmentationstechniken für Knochentransplantate in den klinischen Alltag ein, und suchten andererseits aber auch nach Alternativen zum Goldstandard des autogenen Knochentransplantates. Ein weiterer Schwerpunkt unserer wissenschaftlichen Tätigkeit ist die Standardisierung unserer Behandlungen. So entwickelten  wir unter anderem ein mittlerweile weithin bekanntes Schema der Betreuung von Patienten mit eingeschränkter Blutgerinnung. Auch das perioperative Schmerzmanagement  wurde standardisiert, und wir sind diesbezüglich im klinischen Betrieb auch zertifiziert. All diese Entwicklungsprozesse wurden von klinischen Studien begleitet. Sowohl unsere Patienten, als auch unsere Studierenden profitieren von daraus abgeleiteten Therapiekonzepten.

Die ÖGZMK Steiermark, der Sie seit einiger Zeit als Präsident vorstehen, veranstaltet am 7.März 2015 eine Fortbildungsveranstaltung „Zahnärztliche Chirurgie Graz. 10 Jahre Wissenschaft für die Praxis auf den Punkt gebracht“. Was hat Ihre Abteilung konkret auf den Punkt gebracht?

Jakse: Generell ist es sowohl in der studentischen Lehre, als auch bei unseren postgraduellen Fortbildungsveranstaltungen immer unser Ziel, wissenschaftliche Erkenntnisse möglichst praxisrelevant weiterzugeben. Wir wollen ehrlich informieren beziehungsweise komplexe und teilweise ausufernde wissenschaftliche Diskussionen so kommunizieren, dass sie möglichst umgehend für den Praxisalltag Bedeutung bekommen. Bei der angekündigten Veranstaltung werden wir die aktuellsten für die Praxis relevanten Entwicklungen in den wesentlichen Teilgebieten der Zahnärztlichen Chirurgie präsentieren – die Einführung der Piezochirurgie und der digitalen Volumentomographie werden unter anderem Schwerpunkte sein.

Der Neubau der Grazer Zahnklinik stellt einen Meilenstein in der zahnmedizinischen Versorgung in Südostösterreich dar. Inwieweit ergeben sich für die Zahnärztliche Chirurgie Neuerungen?

Jakse: Wir freuen uns alle sehr über den lange ersehnten Neubau und sind unserem Klinikvorstand Prof. Wegscheider dankbar für seinen unermüdlichen Einsatz, der das Zustandekommen letztendlich doch ermöglicht hat – es stand ja lange auf Messers Schneide. Wir erwarten uns mit der Übersiedlung in die neue „Universitätsklinik für Zahnmedizin und Mundgesundheit“ sowohl einen nachhaltigen Impuls im Patientenaufkommen, als auch einen Motivationsschub in der Lehre und Forschung. Konkret werden wir die Übersiedlung nützen, um unsere gesamte Betriebsorganisation zu überdenken und zu modifizieren. Es ist unser aller Ziel, im neuen räumlichen Umfeld eine patientenorientierte interdisziplinäre Zusammenarbeit zu fördern, zu vereinfachen und zu verbessern. Dabei sollte es möglichst wenig einschränkende Abteilungsgrenzen geben. Ein zentraler Kristallisationspunkt der Zusammenarbeit wird eine gemeinsame Erstaufnahme der „Universitätsklinik für Zahnmedizin und Mundgesundheit“ sein.

Gerade im Bereich der digitalen Röntgentechnologie hat sich in den letzten Jahren enorm viel getan. Was tut die Abteilung, um mit diesen neuen Herausforderungen Schritt halten zu können?

Jakse: Mit der zunehmenden Verbreitung der digitalen Volumentomographie in den zahnärztlichen Praxen gewinnt der fachkundige Umgang mit der 3D Röntgendiagnostik immer mehr an Bedeutung. Daher wird es auch bei unserem Symposium im März einen eigenen fachspezifischen Kurs mit namhaften Referenten als Vorkongress-Seminar zu diesem Thema geben.
Unsere Studierenden wachsen in ihrer Ausbildung bereits jetzt mit den neuen Technologien auf und sind aktiv im klinischen Alltag in die Beurteilung von Schnittbildverfahren eingebunden. In der neuen Zahnklinik wird diesem Umstand auch mit einer Ausweitung der räumlichen und gerätetechnischen Ressourcen Rechnung getragen. So wird es unter anderem einen großzügigen Befundraum geben, in dem sowohl  studentische Lehre als auch Fortbildungskurse unter optimalen, technischen Bedingungen durchgeführt werden können.

Herr Professor Jakse, wir haben in diesem Gespräch unter anderem die letzten zehn Jahre im Rückblick beleuchtet, können Sie uns einen Ausblick auf die kommenden zehn Jahre geben?

Jakse: Thematisch werden neben der weiteren Digitalisierung die Prävention und die Behandlung von alten und schwer erkrankten Patienten noch mehr an Bedeutung gewinnen.
Durch die ständige Weiterentwicklung unseres Faches sehen wir anhaltend zunehmenden Bedarf, unsere zuweisenden niedergelassenen Kollegen und Kolleginnen in enger Kooperation in der Patientenversorgung zu unterstützen. Unser Ziel ist es, weiterhin in der Patientenversorgung nicht als Konkurrenz, sondern als fachlich kompetente Partner wahrgenommen zu werden.
Darüber hinaus sehen wir dringenden Bedarf für ein standardisiertes  postgraduelles Fort- und Weiterbildungsangebot. Vor drei Jahren haben wir auch eine mittlerweile sehr beliebte und anerkannte Summerschool eingerichtet. In Zukunft möchten wir unsere räumlichen und personellen Ressourcen noch mehr über Einzelveranstaltungen hinausgehend nutzen und universitäre Lehrgänge anbieten.

Danke für das Gespräch!

Prof. DDr. Norbert Jaske