Bad Ischl: Im Zeichen der Krone

Das Salzkammergut mit Kaiserwetter! Und dann noch Fortbildung vom Feinsten - was will man mehr!

Mitte Juni lud Wieladent zum internationalen Dentalkongress mit Workshop und Hands-on unter dem Motto „Im Zeichen der Krone". Herausragende Vortragende lockten viele Zuhörer nach Bad Ischl, und sie wurden reich belohnt. Der Workshop zum Thema „Knochenringtechnik - neue Perspektiven der Augmentation" mit Dr. Orcan Yüksel, Implantologe aus Frankfurt, fand am Vortag des Kongresses statt. Der Kongress selbst begann dann am Vormittag mit der Matinée. Herwig Mörixbauer, Geschäftsführer von Wieladent, begrüßte die Gäste, die Moderation übernahm DDr. Eberhard Kowatsch.
Den ersten Vortrag mit dem Thema „Knochen und Knochenersatzmaterialien" hielt der Chemiker Dr. Drazen Tadic von der botiss biomaterials AG. Er beschrieb die unterschiedlichen Knochen-Ersatzmaterialien, die entweder menschlicher, tierischer oder synthetischer Herkunft sind.  Die menschlichen Materialien werden aus eigenen Knochen wie Kiefer- oder Beckenknochen, aber auch aus Spendermaterial hergestellt. Tierisches Material wird von Schweinen, Rindern oder Pferden gewonnen, synthetisches Material aus Calciumphosphaten, Polymeren und Metallen hergestellt.
Bei allen Materialien gibt es Vor- und Nachteile: Patienteneigene Knochen werden nicht abgestoßen, aber eine zweite OP mit postoperativen Schmerzen (Beckenkamm) ist notwendig.
Spenderknochen sind nicht immer verfügbar, bei bovinem Material besteht die Angst vor BSE; die Knochen, die von Schlachthöfen kommen, werden aber bei 850° erhitzt, und ein BSE-Risiko ist nahezu auszuschließen. Synthetisches Material hingegen birgt natürlich gar kein Infektionsrisiko, hat eine hohe Verfügbarkeit, aber ein schlechtes Image.

Knochenringtechnik

Die Knochenringtechnik und die Perspektive in der Augmentation zeigte anschließend Dr. Orcan Yüksel: Der Defekt wird gemessen, mit einer im Durchmesser 1mm größeren Fräse wird ein Knochenring aus dem Kiefer, z.B. aus der Kinnregion, mit speziellen chirurgischen Instrumenten herausgenommen und der Defekt mit einem Kollagenschwamm wieder gefüllt und vernäht. Danach wird der Knochenring in die Empfängerregion eingesetzt, mit dem Implantat fixiert, stabilisiert, der Ring mit bovinem Material aufgelagert und mit einer Kollagenmembran fixiert. Wichtig ist ein spannungsfreier Nahtverschluss. Übrigens: Solche Knochenringe sind auch aus allogenem Material erhältlich und zeigen ebenfalls gute Resultate!
Nach einer kleinen Pause ging es weiter mit den Kollagenmembranen und den Kollagenprodukten, Dr. Tadic zeigte die biologischen Aspekte und ihre Unterschiede. Membrane gibt es aus unterschiedlichsten Materialien, nicht resorbierbar oder resorbierbar, synthetisch oder organisch. Kollagen wird aus Haut, Faszien und Herzbeutel gewonnen, es ist daher biokompatibel, verursacht wenig Immunprobleme und wird in vielen medizinischen Bereichen eingesetzt. Vorteile sind das gute Image, die Resorption und die gute Barrierefunktion, der Nachteil bei bovinem Ursprung ist BSE. Die Firma botiss arbeitet deshalb nur mit Schweineprodukten, auch ist ihr Kollagen dem menschlichen am ähnlichsten. Biomaterialien gibt es mit unterschiedlicher Barrierezeit, je nach Bedarf von 2-4 Wochen bis zu 6-12 Monaten.

Knochen- und Bindegewebsersatzmaterialien

PD DDr. Daniel Rothamel, Universität Köln, hielt den letzten Vortrag der vormittäglichen Matinée und sprach über Neuigkeiten bei Knochen- und Bindegewebsersatzmaterialien. Seiner Erfahrung nach zeigen Implantate im ortsständigen Knochen eine sehr hohe Erfolgsrate von etwa 96-98%. Doch habe man in der täglichen Praxis häufig mit Knochendefekten zu tun, deren Richtung aber auch Defektumgebung, viel Einfluss auf die Erfolgsaussichten der jeweiligen Therapie haben. Dabei betonte er, dass die Ziele der biologischen  Knochenregeneration - ein ausreichendes Knochenvolumen, ein vitaler Knochen von hoher Stabilität und ein voraussagbares Verfahren mit hoher Erfolgsrate - stets gemeinsam verfolgt werden sollten. Die Zukunft gehöre zudem den Bindegewebe-Ersatzmaterialien, deren Ziel ebenfalls eine vorhersagbare Regeneration sei, und dies ohne die Patienten mit einer Weichgewebsentnahme aus dem Gaumen zusätzlich zu belasten. Vielversprechende Ergebnisse seien derzeit mit hochkompakten Matrizes aus Schweinehaut zu erzielen, während in den USA vornehmlich menschliche Haut zum Einsatz käme.
Ein wunderbares Mittagessen auf der herrlichen Terrasse des Kongresshauses beendete die Matinée. Der Nachmittag stand ganz im „Zeichen der Krone". Noch einmal begrüßte Herwig Mörixbauer alle Gäste und erklärte die bevorstehenden Veränderungen. Wieland Dental, bereits in der Vergangenheit Mehrheitseigentümerin von Wieladent, übernahm im Juni 100 % der Anteile. Dies zieht eine Veränderung im Management nach sich. Herwig Mörixbauer ist noch bis Ende September 2013 Geschäftsführer, bleibt jedoch danach als Berater im Unternehmen. Ein Teil des Wieladent-Sortiments wird per 1. Juli ausgegliedert. Die neue gegründete Firma Medentical Care wird das Sortiment für Zahnärzte und Chirurgen übernehmen.
Die Moderation des Nachmittags übernahm dann Dr. Helfried Hulla, erster Redner war Zahntechnikermeister Jan Langner. Er stellte gleich zu Beginn eine provokante Frage: Wer ist schuld daran, dass man so aussieht, wie man aussieht? Der Zahnarzt? Der Patient? Der Schönheitschirurg? Schön ist man nur, wenn die Zähne schön sind, und dazu zeigte er einige Beispiele und ein neues Konzept - All on 4.
„Wege zu einem natürlichen Emergence-Profile" zeigte Dr. Martin Müllauer in vielen Beispielen, und auch, dass All on 4 nur mit einem schlüssigen Planungssystem möglich ist.
Nach einer kurzen Kaffeepause ging es in die Endrunde. Erster Vortrag: Monolithik 3.0 von Dr. Sascha Cramer v. Clausbruch. Monolithisches Material wird für die CAD/CAM-Bearbeitung benötigt, monolithisches Zirkonoxid gibt es seit vier Jahren, und es ist stark im Trend. Vorteil: kein Schichten, einfache, sichere Restaurationen, vollkeramischer Zahnersatz, biokompatibel, Qualitätssicherung durch Automatisierung. Ziel ist die Herstellung mit möglichst wenig händischer Nachbearbeitung. Als Beispiele zeigte er:

- Empress CAD von Ivoclar Vivadent, eine Leuzit-Glaskeramik mit der Erfahrung von 20 Jahren, die durch hohen Glasanteil sehr transluzent ist;
- eine Feldspatkeramik von Vita (Vita Blocs), die sich auch durch hohe Transluzenz und lange Erfahrung auszeichnet, aber eine relativ niedrige Biegefestigkeit hat
- e.max von Ivoclar Vivadent, eine Lithium-Disilikat-Glaskeramik mit 10-jähriger Erfahrung, die es in drei Transluzenzstufen gibt, die eine hohe Biegefestigkeit hat und wie die beiden vorab genannten nass bearbeitet wird (z.B. Cerec).
- Zenostar von Wieland, eine neue Klasse von Zirkonoxid, das als einziger Werkstoff in der ISO 6872 (Dentalkeramiknorm, welche die Dentalkeramiken in sechs Klassenunterteilt) bis zur Klasse sechs (weitspannige Brücken) verwendet werden kann.

Der vorletzte Redner war ZTM Haristos Girinis, der sich mit „Next to nature - Ästhetik im zahntechnischen Gewand" beschäftigte. Seiner Meinung nach hat Ästhetik nichts mit Symmetrie zu tun, sondern vielmehr mit dem goldenen Schnitt. Die Inspiration holt man sich am besten aus der Natur. Veneers sind „Kontaktlinsen für die Zähne", sagt er und wünscht sich einen regen Wissensaustausch zwischen Zahnarzt und Zahntechniker.
Krönender Abschluss des Tages war Dr. Armin Wolf, ZIB2-Moderator und Social-Media-Guru, der in einem fulminanten Vortrag die Zuhörer fesselte. Er zeigte lustig und humorvoll, wie die mediale Welt heute aussieht, wie sie sich permanent verändert, wie sie explodiert, wie die sozialen Medien unsere Umgebung und unsere Kommunikation verändern und die Kluft vergrößern zwischen den „digital natives", Kindern, die mit diesen Medien heute aufwachsen und intuitiv alles richtig verwenden, und den „digital immigrants", die sich dieses Wissen erst mühsam beigebracht haben und es nie intuitiv beherrschen werden. Und er zeigte, was man alles falsch machen kann und welche unglaublichen Folgen (shitstorm) daraus entstehen können, bei Privatpersonen, vor allem aber bei Firmen. Insgesamt also war dieser Dentalkongress ein voller Erfolg und Gewinn für jeden, der mit dabei war.

sni

 

GF Herwig Morixbauer