Möglichkeiten und Grenzen der Implantologie

ZMT sprach mit dem Präsidenten der ÖGI, Prof. Dr. Martin Lorenzoni.

Prof. Dr. Martin Lorenzoni, Präsident der Österreichischen Gesellschaft für Implantologie (ÖGI), ist seit über 20 Jahren an der Grazer Universitätsklinik für ZMK tätig. Wir sprachen mit ihm über aktuelle Themen der Implantologie sowie über die heurige Jahrestagung der ÖGI in Fuschl (4. und 5. November 2011).

Was ist aus Ihrer Sicht zur Sofortbelastung von Implantaten zu sagen?
LORENZONI: Zum Thema Sofortbelastung gibt es heute viel Evidenz für verschiedene Indikationen und Kieferregionen. Die Sofortbelastung hat sich in fast allen Bereichen bewährt. Sehr vorsichtig sollte man allerdings beim zahnlosen Oberkiefer sein.

Hinsichtlich der Sofortbelastung bei Patienten, bei denen kleine, simultane, augmentative Verfahren nötig waren, zeigen die vorläufigen Ergebnisse einer eigenen Fallserie (22 Implantate), dass es zu einer guten Integration kommt. Ich empfehle das Verfahren in Kursen, man muss aber sagen, dass es dazu derzeit keine Richtlinien gibt. Auf jeden Fall ausgeschlossen ist eine Sofortbelastung simultan mit einer Sinusaugmentation.

Generell wäre es wichtig, ein Protokoll zu entwickeln, wann - also bei Vorliegen welcher Risikofaktoren - eine Sofortbelastung nicht angezeigt und ein konventionelles Spätbelastungskonzept indiziert ist. Auch die Frage „Wann braucht man Provisorien, wann ist eine Versorgung mit definitiven Restaurationen möglich?" ist zu beantworten. Eine interessante und spannende Frage lautet auch, wann beim teilbezahnten Patienten eine Sofortbelastung und wann eine Frühversorgung (nach drei bis sechs Wochen) durchgeführt werden sollte.

Welche Bedeutung hat in der Implantologie eine keratinisierte Mukosa?
LORENZONI: Diese Frage ist nicht leicht zu beantworten, da es bisher keine harten Daten dazu gibt. Die aktuelle Literatur deutet darauf hin, dass eine keratinisierte Mukosa verschiedene Vorteile hat. Neben den ästhetischen Gründen ist von einer besseren Plaquekontrolle und Putzbarkeit sowie einem geringeren Risiko für eine Mukositis auszugehen. Auch der Knochenabbau und die Stabilität der periimplantären Weichgewebe werden beeinflusst.

Zur Verbreiterung der keratinisierten Mukosa existieren verschiedene Techniken. Dabei ist zu bedenken, dass die Operationstechniken nicht ganz einfach sind. Sie können nur durch gezielte Weiterbildung bzw. Assistenz bei erfahrenen Kollegen und Kolleginnen erlernt werden.

Wann und wo wird die heurige Jahrestagung der Österreichischen Gesellschaft für Implantologie stattfinden und unter welchem Motto wird sie stehen?
LORENZONI: Die Jahrestagung wird vom 4. bis 5. November stattfinden. Ort ist diesmal wieder Fuschl (Jagdhof), entsprechend dem Zwei-Jahres-Rhythmus. Während auf der letztjährigen Tagung in Zell am See hauptsächlich Vertreter aus Österreich vortrugen, werden diesmal ausschließlich renommierte internationale Referenten auftreten.

Das Motto lautet heuer „Grenzen, Möglichkeiten und Komplikationen in allen Bereichen der Implantologie". Es wird wenige, aber dafür ausführliche Vorträge geben. So wird etwa Prof. Kim aus Pennsylvania über die Grenzen der Endodontie im Hinblick auf die Zahnerhaltung sprechen, Oberarzt Fickl von der Universität Würzburg über Möglichkeiten und Grenzen der modernen Parodontalbehandlung, Prof. Renouard und Prof. Brägger über die prothetischen Grenzen sowie Dr. Coachman über Möglichkeiten der restaurativen („künstlichen") Verbesserung des Weichgewebes um Implantate und Zähne.

Die Tagung soll auch der weiteren Vernetzung des wissenschaftlichen Nachwuchses dienen. Die ÖGI hat ja Anfang Mai 40 junge WissenschafterInnen von Österreichs Kliniken und Praxen nach Saalfelden zu einem ersten Treffen (im Sinne von „Implantologie 2020") eingeladen. Die „junge Garde" soll ihre Ideen einbringen und Industrievertreter treffen können. Auch der wissenschaftliche Förderpreis wird in Fuschl verliehen werden.

Herzlichen Dank für das Interview!
Das Gespräch führte Dr. Peter Wallner

www.oegi.org

 

Prof. Dr. Martin Lorenzoni