Sanatorium Hera: Prim. DDr. Wolfgang Schlossarek

Seit 20 Jahren leitet Prim. DDr. Wolfgang Schlossarek am (1905 gegründeten) Sanatorium Hera das Institut für ZMK und MKG. Wir sprachen mit ihm über das Institut sowie aktuelle zahnmedizinische Themen.

Könnten Sie bitte Ihr Institut kurz vorstellen?
SCHLOSSAREK: Das Sanatorium Hera besitzt seit 1950 eine zahnmedizinische Abteilung. Diese verfügt derzeit über drei Niederlassungen - neben dem Institut in 1090 Wien gibt es zwei Außenstellen in Simmering und Floridsdorf. Diese entsprechen Zahnarztordinationen mit jeweils 3 Behandlern und prothetischen und konservierenden Abteilungen. Außerdem gibt es jeweils eine Schmerzambulanz. Operationen werden nur im 9. Bezirk durchgeführt.

Ursprünglich wurden an unserer Abteilung ausschließlich Krankenscheinleistungen erbracht. Durch sukzessiven Ausbau besteht nunmehr die Möglichkeit, das ganze Spektrum der Zahnheilkunde und Kieferchirurgie abzudecken. Niedergelassene KollegInnen überweisen uns viele Patienten für implantologische oder andere oralchirurgische Eingriffe. Es gibt am Institut zwei Kieferchirurgen und drei oralchirurgisch tätige Zahnärzte. Insgesamt sind (mit mir) 27 Zahnärztinnen und Zahnärzte hier beschäftigt. Für die Endodontie steht in jedem Behandlungsraum ein VDW-Gerät zur Verfügung. Weiters können wir mit zahlreichen diplomierten Prophylaxe-Assistentinnen Mundhygiene-Behandlungen anbieten. Ein Teil meiner Tätigkeiten hier am Institut umfasst den chefzahnärztlichen Dienst, im Rahmen dessen Begutachtungen von KFA-Patienten durchgeführt werden. Wir haben bereits 1998 auf EDV umgestellt, im heurigen Jahr erfolgte auch eine Digitalisierung des Röntgens. Aufgrund meiner gutachterlichen Tätigkeit lege ich seit jeher auf Dokumentation größten Wert. Bei den vielen von uns durchgeführten Operationen erfolgt eine genaue präoperative Aufklärung (zumeist anhand von Formularen, kombiniert mit zusätzlichen handschriftlichen Eintragungen). Glücklicherweise ist uns so bislang ein Prozess wegen mangelhafter Aufklärung erspart geblieben.

Welche Konstellationen führen nach Ihrer Erfahrung zu Gerichtsverfahren?
SCHLOSSAREK: Hier sind zunächst Kommunikationsprobleme zwischen „abgehobenen Zahnärzten" und Patienten zu nennen - manche Zahnärzte fahren über die Patienten „drüber". Weiters gibt es immer wieder Situationen, wo von Anfang an die Chemie zwischen Zahnarzt und Patienten nicht passt. Etwa wenn Patienten, die schon viele Behandler aufgesucht haben, einen neuen, unerfahrenen Zahnarzt zunächst glauben lassen, dass nur er ihnen helfen kann - was freilich nicht möglich ist.

Welche Tipps haben Sie als erfahrener Gutachter?
SCHLOSSAREK: Ich kann jedem Zahnarzt nur raten, einen Gang zu Gericht tunlichst zu vermeiden. Es kostet viel Zeit, Nerven und Geld, und letztlich kommt zumeist nur ein Vergleich heraus. Zu empfehlen ist daher eine außergerichtliche Einigung. Es ist immer hilfreich, wenn eine gute und lückenlose Dokumentation vorliegt (Röntgenbilder, Fotos, fotografierte Gipsmodelle, leserliche Karteiführung). Nicht selten werden bei Verhandlungen Röntgenbilder vorgelegt, die nur Unerkennbares zeigen. Falls eine Kollegin/ein Kollege Partei in einem Gerichtsverfahren ist, wäre es ev. sinnvoll, die geplante Stellungnahme mit einem (unbeteiligten) Gutachter auf Schlüssigkeit und Nachvollziehbarkeit zu überprüfen. Nur warnen kann ich vor Zwischenrufen und Unmutsäußerungen vor Gericht.

Ihr persönlicher Schwerpunkt ist die Implantologie?
SCHLOSSAREK: Ja, das ist richtig, ich bin auch Vorstandsmitglied der ÖGI. Ich denke, dass sich diese wissenschaftliche Fachgesellschaft in Österreich gut etabliert hat und auch erfahrenen Kollegen eine entsprechende Möglichkeit für firmenunabhängige Weiterbildung bietet.


Was liegt Ihnen noch besonders am Herzen?
SCHLOSSAREK: Im Wiener Raum möchte ich zunächst die Behindertenzahnheilkunde anführen, die derzeit nicht ausreichend abgedeckt ist. Hier sollten sich v.a. die Krankenkassen etwas überlegen, etwa einen speziellen Tarif. Denkbar wäre für mich auch eine von einer öffentlichen Einrichtung dafür zur Verfügung gestellte Ordination, in die man sich einmieten kann.

Besonders wichtig erscheint mir auch eine Neugestaltung des zahnärztlichen Kassenvertrages, der genauso alt ist wie ich und nur einmal geringfügig geändert wurde. Auf Basis dieses alten Kassenvertrages ist weder eine zeitgemäße Zahnheilkunde noch Kieferorthopädie möglich. Ein ausschließliches Anbieten von Kassenleistungen verletzt in meinen Augen die Aufklärungspflicht.
Was die Prophylaxe betrifft, so ist erfreulicherweise festzustellen, dass ein großer Teil der 18-25-Jährigen heute praktisch kariesfreie Gebisse aufweist. In unserem Haus ist die zahnmedizinische Prophylaxe zusätzlich in die Vorsorgemedizin der KFA eingebunden. Die Nachfrage nach Mundhygiene-Behandlungen ist extrem hoch.

Wie ist Ihre Ansicht zur Helferinnen-Ausbildung?
SCHLOSSAREK: Ich würde mir eine profundere Ausbildung in allen Bereichen wünschen. Derzeit liegt das Hauptaugenmerk vieler Kollegen darauf, billige Arbeitskräfte zu haben. Aus meiner Sicht sollte sich das Berufsbild aber von der reinen Stuhlassistenz hin zur Ordinationsmanagerin wandeln. Die Assistentin sollte den Umgang mit schwierigen Patienten, Terminvergaben, Bestellwesen, Lagerhaltung, Kommunikation, etc. beherrschen. Patienten stellen ihre Fragen ja oft der Helferin, nicht dem Zahnarzt. Man muss auch bedenken, dass korrekte Hygienemaßnahmen Hirn und mikrobiologisches Wissen erfordern.

Zahnärztliche Assistenz sollte ein Lehrberuf werden - man muss fleißigen und zielstrebigen jungen Menschen eine Perspektive bieten. Vielleicht wäre ein Ansatz, die Assistentinnen als Pflegeberuf einzustufen.

Wie sieht Ihr Blick in die Zukunft aus?
SCHLOSSAREK: Ich denke, dass es in den letzten zehn Jahren gelungen ist, eine wirtschaftlich sinnvoll agierende Abteilung zu schaffen, deren weiterer Bestand gesichert erscheint. Der stationäre Bereich wäre sicher noch ausbaufähig, wobei die Zusammenarbeit mit unseren Orthopäden bei Beckenkammtransplantaten deutliche Vorteile bringt. Der gesamte stationäre Bereich wird ab Herbst 2011 umgebaut, insbesondere die OP-Säle, aber auch die Patientenzimmer und der Ambulanzbereich werden einer Generalüberholung unterzogen.

Herzlichen Dank für das Interview!
Das Gespräch führte Dr. Peter Wallner

 

Prim. DDr. Wolfgang Schlossarek