Neuigkeiten von der Innsbrucker Zahnklinik

Prof. DDr. Ingrid Grunert leitet seit 1999 die Innsbrucker Klinik für Zahnersatz und Zahnerhaltung und ist seit mittlerweile mehr als fünf Jahren Direktorin des Departments Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde und Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie. ZMT führte mit ihr in Innsbruck das folgende Gespräch.

Was gibt es Neues an der Innsbrucker Zahnklinik?
GRUNERT: Im Prinzip nimmt alles in bewährter Weise seinen Gang. Das Unit-System, das die Wiener Klinik vor Kurzem installiert hat, läuft ja bei uns bereits seit Jahrzehnten erfolgreich. Ich erwarte aber in der nächsten Zeit doch Änderungen, insbesondere durch die zunehmende Bedeutung der digitalen Technologien in Zahnmedizin und Zahntechnik. Ich denke hier etwa an die digitale Abformung und ihren sinnvollen Einbau in den Unterricht. Persönlich bin ich zwar nicht überzeugt, dass durch die digitale Technik die Qualität der zahnärztlichen Arbeit besser wird, und ich glaube auch nicht, dass ich selbst mit digitaler Abformung arbeiten werde, aber man muss die Studierenden sicherlich über diese neuen Entwicklungen informieren und auf die Zukunft vorbereiten.

Ist es richtig, dass immer weniger Zahnärzte die Totalprothetik beherrschen?
GRUNERT: Ja, dieser Trend hat sich zweifellos verstärkt. Ich halte dies für sehr problematisch - man kann ja nicht alle Patienten mit Implantaten versorgen. Zahnlose Patienten sind heute älter als früher, das Adaptionsvermögen ist geringer, die totalprothetische Behandlung wird schwieriger und anspruchsvoller, die „Könner" werden seltener und die Misserfolgsrate wird höher.
Leider werden auch die Studenten zu wenig mit zahnlosen Patienten konfrontiert. Dabei lernt man gerade in der Totalprothetik, wo die Zähne „hingehören" - dieses Wissen ist auch für den festsitzenden Zahnersatz von großer Bedeutung.

Hat die Funktionslehre in den letzten Jahren an Bedeutung verloren?
GRUNERT: Nein, sie hat nicht an Aktualität eingebüßt. Unsere Studenten müssen nach wie vor axiografieren, auch der Gesichtsbogen spielt weiterhin eine wichtige Rolle. Eine hochwertige prothetische Versorgung muss sich weiterhin an gnathologischen Prinzipien orientieren.

Kommen nach wie vor pro Jahr 25 Studenten an die Klinik?
GRUNERT: Ja, das ist richtig. Unter den Studierenden finden sich dabei in Innsbruck ungefähr gleich viele Frauen wie Männer.

Wie sehen heute im wissenschaftlichen Bereich die Karrierechancen für Zahnärztinnen aus?
GRUNERT: Sie sind sicher noch nicht besser geworden. Im Vergleich zu anderen Ländern hat Österreich hier großen Aufholbedarf. Ich kann aber mit Stolz berichten, dass sich zwei Ärztinnen meiner Abteilung im „Status habilitandi" befinden. Generell habe ich den Eindruck, dass junge Frauen heute eine humanere Balance von Arbeit, Familie und Freizeit anstreben, als es vor ca. 20 Jahren der Fall war. Darüber hinaus dürften ihnen eher konventionelle Werte wie Familienbetreuung wieder wichtiger sein. Viele Zahnärztinnen möchten nur halbtags arbeiten; ich könnte mir vorstellen, dass es dadurch in Zukunft zu Versorgungsengpässen kommen könnte, da weibliche Studierende überwiegen.

Wie beurteilen Sie die aktuelle Situation in Bezug auf Fortbildungskurse?
GRUNERT: Mir scheint, dass es ein Überangebot an Kursen gibt und die Kolleginnen und Kollegen übersättigt sind. Meines Wissens wurden zuletzt etliche Kurse abgesagt. Am ehesten finden solche statt, bei denen kein Kursbeitrag zu entrichten ist. Möglicherweise merkt man hier noch die Folgen der Wirtschafskrise.

Im heurigen Winter wurden mehr als 20 österreichische alpine Schistars auf der Zahnklinik „durchgecheckt". Wie kam es dazu, und wie waren die Ergebnisse?
GRUNERT: Diese Untersuchungen wurden zusammen mit dem Institut für Sport- und Kreislaufmedizin, das die SportlerInnen routinemäßig betreut, und Colgate durchgeführt. Skisportler stehen zweifellos unter großem Stress, was negative Auswirkungen auf das Kausystem haben kann.

Es zeigte sich, dass Zähne und Zahnfleisch der Sportler einen guten Zustand aufwiesen, was wohl auf das hohe Körperbewusstsein der Untersuchten zurückzuführen ist. Es ist übrigens geplant, die Untersuchung auch auf nordische Skisportler auszudehnen.

Was liegt Ihnen beim Thema „Geroprothetik" besonders am Herzen?
GRUNERT: Die feste Verankerung von Zahnersatz mithilfe von Implantaten wird auch in der Geroprothetik immer wichtiger. Die entsprechenden Implantatkonzepte sind heute ausgereift, aber es stellt sich die Frage, wie die Nachsorge sichergestellt wird. Hier wird zu wenig an die Zukunft gedacht. Es wäre wichtig, dass die Konstruktionen vom Patienten, aber auch vom Pflegepersonal „gepflegt" werden können.

Eine große Herausforderung besteht für die Geroprothetik auch darin, dass bei alten Menschen nicht selten rund um das 80. Lebensjahr bei mehreren Zähnen Wurzelkaries auftritt. Zu erwähnen ist weiters, dass die CAD/CAM-Technologie in die Altersprothetik Einzug gehalten hat. Ich arbeite gerne mit Stegen und halte gefräste Titanstege für eine sehr gute Versorgung, gerade jetzt, wo der Goldpreis extrem hoch ist.

Herzlichen Dank für das Interview! Das Gespräch führte Dr. Peter Wallner