Wir wählen! Wählen wir?

Frage an Radio Eriwan: „Wann gab es die erste Wahl nach sowjetischem Muster?" Antwort: „Das war im Paradies, als Adam seine Frau wählte."

Am 4. März werden die Wahltermine für die Zahnärztekammerwahlen 2011 festgesetzt. Gleichzeitig wird auch die Zahl der Delegierten und deren Funktionen für jedes Bundesland nach den Vorgaben des Zahnärztekammergesetzes und auf Antrag der Länderkammern von der Bundeskammer bestimmt. Mit anderen Worten: Es ist Wahljahr. Falls die Zahnärzte eine Wahl bei der Wahl haben.

Schon bei den letzten Kammerwahlen war es deutlich: Je nach Sichtweise sind die Zahnärzte entweder undemokratisch oder sehr einig. Denn wenn „wählen" als eine Entscheidung zwischen zwei oder mehr Dingen gedeutet wird, dann waren die Wahlen im Jahr 2006 keine. Es waren bloß Wahlen im Sinn der Bestellung von repräsentativen VertreterInnen, denn in allen Bundesländern war jeweils nur eine Liste angetreten. Sogar in Niederösterreich, wo es kurz zuvor noch heftige Auseinandersetzungen gegeben hatte, einigten sich die Gruppierungen plötzlich.

Der Grund dafür ist nicht zuletzt in der Wahlordnung zu suchen. Von Nationalrats-, Landtags- oder Gemeindewahlen sind wir Österreicher das Verhältniswahlrecht gewohnt. Das bedeutet, dass eine Partei (genauer: eine wahlwerbende Gruppierung) auf dem Stimmzettel angekreuzt wird, und die gesetzgebende Versammlung (Nationalrat, Landtag oder Gemeinderat) setzen sich mehr oder weniger nach den jeweiligen prozentualen Stimmenanteilen der Parteien zusammen. Die Zahnärzte wählen aber keine Fraktionen, sondern Personen.

Das mit Abstand größte Gremium der Zahnärztekammer ist die Delegiertenversammlung, die derzeit aus insgesamt 61 Personen besteht - für ganz Österreich. Diese Delegierten sind die Mitglieder der Landesausschüsse, und deren Zahl ist gesetzlich in § 37 des Zahnärzteakammergesetzes (ZÄKG) geregelt. Sie bewegt sich zwischen 4 und 12 pro Bundesland (siehe unten).

Diese Delegierten müssen eine Funktion in der Kammer haben, und zwar sind zwingend ein/e Präsident/in, ein/e Vizepräsident/in und ein/e Landesfinanzreferent/in vorgeschrieben, während für die weiteren Mitglieder des Landesausschusses die Funktionen von ReferentInnen festgelegt sind (§ 37 Abs. 3 Z.2 ZÄKG).

Natürlich könnten auch die vier Delegierten aus dem Burgenland von zwei Fraktionen kommen. Doch es gibt noch eine andere Hürde in der Wahlordnung: Jede sich zur Wahl stellende Gruppe muss je einen Kandidaten oder eine Kandidatin für alle zur Verfügung stehenden Ämter benennen, für die ReferentInnen auch jeweils eine Ersatzperson (SukzessorIn) und etwa zehn Prozent der Stimmberechtigten als UnterstützerInnen gewinnen.

Das allein ist gerade in den kleinen Bundesländern sicher nicht ganz einfach. Danach kommt aber erst das eigentliche Problem, das zumindest in Niederösterreich nach offiziellen Angaben zur Vereinigung der einstigen Gegner führte: Das Wahlrecht sieht vor, dass die WählerInnen nach Belieben für jede Funktion aus den Vorschlägen wählen können und so etwa eine/n Präsidenten/Präsidentin der einen Fraktion gegen eine Reihe von ReferentInnen der anderen Fraktion antreten lassen. Das würde, so der Präsident der niederösterreichischen Zahnärztekammer DDr. Hannes Gruber, „eine konstruktive Zusammenarbeit der standespolitischen Vertreter bereits von Anfang an erschweren" (NÖZZ 2/2006, S. 5).

Der PR-Referent der steirischen Zahnärztekammer meinte damals in der ÖZZ 05/2006, S. 25: „Ich glaube, dass durch die (Akzeptanz) Kandidatur von gemeinsam aufgestellten Gruppen in fast allen Bundesländern (nur eine wahlwerbende Gruppierung kandidieren zu lassen) zum Ausdruck kommt, dass (eine) gerade diese Geschlossenheit und Einigkeit gewünscht wird." (Anm.: Das Zitat ist wörtlich und buchstäblich übernommen.)

Ob es diese Gründe allein sind, die dazu führen, dass immer nur eine Liste antritt, ob die ZahnärztInnen tatsächlich so eine geschlossene Gemeinschaft sind oder sein wollen oder ob sich schlicht niemand außer den wenigen immer wieder Kandidierenden findet, der die Kammerarbeit leisten will, das muss wohl jede/r Zahnarzt und -ärztin für sich beantworten.

Für die doch noch an Standespolitik Interessierten: Die Zahnärztekammer ist verpflichtet, unter anderem den Wahltag und die Anzahl der in den einzelnen Wahlkreisen zu wählenden Delegierten und deren Funktionen sowohl in der ÖZZ als auch im Internet zu veröffentlichen. Wahlvorschläge können bis sechs Wochen vor dem Wahltag eingebracht werden. Weiters muss auch bekannt gemacht werden, wann und wo die Wählerlisten einsehbar sind. Einsprüche gegen die Wählerlisten müssen innerhalb von zwei Wochen nach deren Auflegen eingebracht werden.

Zum Schluss - der Ausgewogenheit halber - noch ein zweiter Witz: Wie viele Mitarbeiter der Bush-Administration sind notwendig, um eine kaputte Glühbirne zu wechseln? Antwort: Keine. Begründung: Erstens ist laut Administration ohnehin alles in Ordnung mit der Glühbirne. Zweitens: Ihr Zustand wird täglich besser und besser. Drittens: Alle Gerüchte über eine Beschädigung entspringen nur der liberalen Presse. Und schließlich: Die Glühbirne hat ihren Job immer pflichtbewusst erfüllt, und alles, was Sie als Zweifler sagen, unterminiert den Leuchteffekt. Warum um alles in der Welt hassen Sie die Freiheit?

Livia Rohrmoser

§ 37 (1) Zahnärztekammergesetz (ZÄKG)

Der Landesausschuss besteht:
1. in Bundesländern mit bis zu 250 Kammermitgliedern aus mindestens drei und höchstens fünf Delegierten,
2. in Bundesländern mit 251 bis 500 Kammermitgliedern aus mindestens fünf und höchstens sieben Delegierten,
3. in Bundesländern mit 501 bis 750 Kammermitgliedern aus mindestens sieben und höchstens neun Delegierten,
4. in Bundesländern mit 750 bis 1000 Kammermitgliedern aus mindestens neun und höchstens elf Delegierten und
5. in Bundesländern mit mehr als 1000 Kammermitgliedern aus mindestens elf und höchstens dreizehn Delegierten.

Derzeit sind es konkret:

Burgenland (102*): 4 Delegierte
Kärnten (277*): 7 Delegierte
Niederösterreich (697*): 7 Delegierte
Tirol (421*): 7 Delegierte
Oberösterreich (593*): 7 Delegierte
Vorarlberg (178*): 5 Delegierte
Salzburg (315*): 5 Delegierte
Wien (1.288*): 12 Delegierte
Steiermark (587*): 7 Delegierte

* Zahl der ZahnärztInnen laut Standesmeldung vom 1. Februar 2006, Quelle: ÖZZ 3/2006.