Unsere Werberichtlinie ? ein Flop wider Willen!

Schon vor einem Jahr (zmt 8-9/2009) war ich gespannt, was die damals neue Richtlinie für uns wirklich bedeuten würde.

In Österreich praktizierende Sünder sind grob in zwei Gruppen einzuteilen: die kleine(re)n Sünder und die Vorsatztäter. Zu Ersteren gehörte z.B. eine Kollegin, die ihre Wahlarztordination jahrelang als „Zentrum" bewarb und auch sonst sichtlich keine Ahnung von Werberichtlinien hatte. Sie wirbt nun regelkonform und arbeitet daher auch - wie wir anderen! - in ihrer Ordination. Andere „kleine Fische" haben ihre Werbung entweder eingestellt oder werben nun legal.

Die Vorsatztäter sind da aus anderem Holz geschnitzt. Den Haupttäter unserer Region (Wiener Südraum) hat uns ja vor Monaten das Leben selbst entrissen. Als „Dr. Horror" bzw. „Dr. Schmerz" hat er es zu einer von ihm keinesfalls gewünschten und bis in den ORF reichenden „Popularität" gebracht. Seither habe ich kein einziges seiner zuvor so zahlreichen illegalen Inserate mehr gesehen. Es gibt aber auch noch andere, so z.B. den Wiener „Promidentisten" (O-Bezeichnung eines Billigblattes) F. Jeder von uns Wienern kennt F., man muss nur die diversen Bezirksblattln aufschlagen, um ihm ins treue Auge blicken zu können. F. schert sich seit jeher um keine Richtlinie, er macht, was er will und kann das sichtlich nahezu sanktionslos tun. Sein vorsätzliches und ständig wiederkehrendes Fehlverhalten ist allen damit Befassten seit Jahren bekannt.

Oder J.: in seiner Werbeeinschaltung bezeichnet er sich als „zertifizierten Implantologen" und begeht damit schon gleich das erste Delikt. Kollege Ratschew meint dazu: „Einen zertifizierten Implantologen gibt es in Österreich nur von eigenen Gnaden, das Zahnärztegesetz sieht diese Bezeichnung nicht vor. Sie darf in Österreich auch dann nicht geführt werden, wenn sie im Herkunftsland des Zahnarztes tatsächlich existent sein sollte". Dass in der Werbeeinschaltung Senioren mit „kostengünstigen und leistbaren Seniorenimplantaten" gelockt werden, passt auch zum weiteren Text, in dem es u.a. heißt: „... Ich jedenfalls kann mir keine Situation vorstellen, in welcher Zahnimplantate nicht zum Vorteil des Patienten gesetzt werden können ...." Und was die „Garantie" des selbsternannten Experten betrifft: „... Mit Zahnimplantaten hat man ein für alle Mal Ruhe mit den Zähnen (und niemals mehr Zahnschmerzen)". Kollege Ratschew kommentiert das so: „Wenn ein Zahnarzt sagt 'Implantate gehen nicht', dann sollte man ihm das als Patient eher glauben, als wenn ein anderer Zahnarzt sagt 'Implantate gehen immer'". Die forensischen Erfahrungen unserer Schlichtungsstelle sprechen diesbezüglich übrigens Bände."

Und wie sieht es mit den nicht in Österreich praktizierenden, aber hierorts werbefreudigen Sündern aus? Die machen überhaupt, was sie wollen. Es gibt so gut wie keine Regel, die sie nicht vorsätzlich und ständig wiederkehrend brechen. Was für eine Bilanz ist angesichts der vorliegenden Fakten also zu ziehen? Kammeramtsdirektor Dr. Krainhöfner bemüht sich redlich. Er und die anderen zuständigen Funktionäre kämpfen engagiert einen nahezu aussichtslosen Kampf. Die wahre Situation wird von den führenden Funktionären aber heruntergespielt oder verniedlicht. Anstatt zu beschwichtigen, sollten unsere Spitzenfunktionäre die nackte Wahrheit einmal offen aussprechen: Die konsequente Weigerung des Gesetzgebers, auch eben diese Medien zwingend und unter Androhung von Sanktionen in das Standesrecht miteinzubeziehen, ist die wahre Ursache des kläglichen Scheiterns der Richtlinie.

Dr. Peter Standenat