Parodontologie und Prophylaxe: Prof. Dr. Michael Haas, Graz

Prof. Dr. Michael Haas, Leiter der Arbeitsgruppe für Parodontologie, Prophylaxe und Funktionstherapie an der Grazer Univ.-Klinik für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde, ist seit knapp 30 Jahren an der Klinik tätig. Seit 1985 ist er für die Parodontologie-Ausbildung zuständig, 1988 erfolgte die Habilitation. Wir sprachen mit Prof. Haas über verschiedene Aspekte des Themas „Parodontologie und Prophylaxe".

Könnten Sie Ihre Arbeitsgruppe kurz vorstellen?
HAAS: An der Klin. Abteilung für Zahnersatzkunde gibt es für Forschung und Lehre drei Arbeitsgruppen: abnehmbare Prothetik und Implantologie, festsitzende Prothetik sowie Parodontologie, Prophylaxe und Funktionstherapien. Meiner Arbeitsgruppe sind momentan zehn Kolleginnen und Kollegen zugeordnet, wobei es auch Überschneidungen mit den anderen Arbeitsgruppen gibt.

Neben den Aufgaben im Rahmen des Zahnmedizinstudiums beschäftigen wir uns seit 22 Jahren im Rahmen der Dentalhygieneschule Graz mit postgradualer Lehre und mit der Ausbildung von zahnärztlichen AssistentInnen. Dementsprechend haben wir auch maßgeblich am Gesetzesentwurf für das Berufsbild der Prophylaxeassistentin mitgearbeitet.

Neben den zahnärztlichen Assistentinnen haben in dieser Zeit einige hundert Zahnärzte und -ärztinnen unsere Kurse absolviert. Zusätzlich wurden einmal im Jahr an der Klinik Workshops zur permanenten Weiterbildung abgehalten.

Vor fünf Jahren wurde daraus die Fortbildungstagung „Graz-Zahn", die heuer vom 16. bis 18.9.2010 wieder im „Grazer Congress", einem zweifellos attraktiven Ambiente im Zentrum von Graz stattfindet. Das heurige Thema lautet „Langzeitbetreuung und neue Recallstrategien". Bedingt durch verschiedene technische Entwicklungen und ein neues Verständnis des Biofilms mussten wir hinsichtlich der Langzeitbetreuung bei parodontalen Erkrankungen umdenken. Durch moderne Ultraschall- und Pulverstrahlgeräte kann der Subgingivalraum heute besser behandelt werden. Wir gehen heute regelmäßig in der Nachsorge in den Subgingivalraum hinein, auch wenn momentan keine klinischen Entzündungszeichen vorhanden sind. Ein vorhandener Biofilm muss unter maximaler Schonung der Wurzeloberfläche immer wieder instrumentiert werden. Da es in der Literatur dazu praktisch keine Daten gibt, möchten wir am Ende der Tagung mit den Referenten in einer Podiumsdiskussion einen Konsens finden und ein neues Recallkonzept präsentieren.

Wer werden die Referenten bei „Graz-Zahn" sein?
HAAS: Wir freuen uns sehr, dass Prof. Persson (Bern), Prof. Saxer (Zürich) und Dr. Mayr (Imst) für Vorträge und Workshops zum Thema in Graz sein werden. Die Grazer Referenten werden Prof. Wimmer, Prof. Polansky, Dr. Heschl und ich sein. Zudem wird es auch wieder ein Kommunikationsseminar mit Michael Oefner geben. Insgesamt möchte „Graz-Zahn" keine Standard-Fortbildungsveranstaltung sein, sondern immer ein aktuelles, relevantes Thema aufgreifen und Antworten auf „brennende" Fragen geben.

Hat das Bewusstsein hinsichtlich der Gefahren der Parodontitis zugenommen?
HAAS: Zum größten Teil wird die Parodontitis wohl eher ignoriert. Ein handtellergroßes Ulcus ventriculi würde jeder Patient behandeln lassen, bei einer ausgedehnten Parodontitis mit einer ähnlich großen Wundfläche ist das - wie wir wissen - nicht der Fall. Wir versuchen natürlich, den Patienten die Problematik nahezubringen, die Kernmitglieder unserer Arbeitsgruppe sind ja alle auch „an der Front", zum Teil in Kassenordinationen, tätig.

Man sollte allerdings auch erwähnen, dass die Bevölkerung manchmal durch Medienberichte zum Thema „Parodontitis" verängstigt wird. So wird in Medien bisweilen der Eindruck vermittelt, dass die Parodontitis der einzige Risikofaktor z.B. für Frühgeburtlichkeit oder Herzerkrankungen wäre - in Wirklichkeit gibt es, wie wir alle wissen, ein ganzes Paket an Risikofaktoren.

Wie sehen Ihre Erfahrungen mit der Laserbehandlung aus?
HAAS: Unbestritten hat der Softlaser einen positiven Einfluss auf die Wundheilung. Allerdings haben wir in einer klinischen Studie, die zusammen mit der Fa. Schütz durchgeführt wurde, keine antibakterielle Wirksamkeit der photodynamischen Therapie gesehen (publiziert 2009 im „Journal of Clinical Periodontology"). Manchmal wird suggeriert, dass man sich durch den Laser andere Behandlungsformen der Parodontitis ersparen könnte. Dies trifft mit Sicherheit nicht zu. Er stellt eine Ergänzung und einen interessanten Ansatz dar. Um damit zu einem Effekt in der Parodontitistherapie zu kommen, ist ein hoher Aufwand mit vielen Sitzungen notwendig.
Ähnliches gilt auch für den Hardlaser. Für Chirurgie und Elektrotomie eine fantastische Technologie, in der Anschaffung leider aber immer noch sehr teuer.

Was liegt Ihnen im Bereich der Parodontologie und Prophylaxe noch am Herzen?
HAAS: Wichtig wäre, endlich den Berufsstand der Prophylaxeassistentin auf Schiene zu bringen. Die entsprechende Ausbildung von MitarbeiterInnen - wie im Gesetzesentwurf vorgesehen - ist nicht nur für jede Praxis sehr wertvoll, sie wurde ja mittlerweile auch von der Österr. Zahnärztekammer anerkannt. Mir gefallen Versuche, die Prophylaxeassistentin gegen die Dental Hygienist auszuspielen, überhaupt nicht. Langfristig werden wir beide benötigen.

Herzlichen Dank für das Interview!
Das Gespräch führte Dr. Peter Wallner.

Weitere Infos:
www.dentalhygieneschule.com
www.graz-zahn.at

 

Prof. Dr. Michael Haas