Einzelzahnimplantat Oberkieferfront bei Klasse-III-Defekt

Implantate sind zu einem integralen Bestandteil der Therapie der Einzelzahnlücke geworden. Speziell in der Oberkieferfront bei gesunden Nachbarzähnen ist das Einzelzahnimplantat mittlerweile die Therapie der Wahl.

Allerdings sind bei anspruchsvollen Patienten mit hoher Lachlinie kosmetische Aspekte zu beachten. Speziell die rot-weiße Ästhetik mit Papillen, Gingivagirlande, Höhenunterschiede und Längenunterschiede der klinischen Kronen sind hier zu nennen.

Abb. 1a: Klinischer Ausgangszustand

Unter bestimmten Voraussetzungen ist die Sofortimplantation (Typ I) die Therapie der Wahl, wobei hier mit geringstmöglichem Aufwand die Zahnfleischgirlande erhalten werden kann. Voraussetzung dafür ist eine intakte knöcherne Alveole und eine optimale Positionierung des Implantates in der sagittalen Dimension.

Sollte die bukkale Lamelle nicht erhalten sein, so ist je nach Ausprägung des knöchernen Verlustes entweder eine simultane Implantation und Augmentation (Klasse II) oder ein gestagetes Vorgehen (Klasse-III-Defekt) mit Augmentation, Abheilung und Implantation durchzuführen.

Abb. 1b: Längsfraktur nach Wurzelbehandlung

Anhand eines Fallbeispieles wird ein Klasse-III-Defekt mit Verlust der bukkalen Lamelle an einem Zahn regio 12 vorgestellt, der in enger Zusammenarbeit der Akademie für Orale Implantologie mit einer niedergelassenen Kollegin gelöst wurde.

Bis dato wurden solche Defekte aufwändig mit Knochenblöcken, unterschiedlichsten Membrantechniken, mit Knochenersatzmaterial offen rekonstruiert und nach den entsprechenden Abheilzeiten implantiert. Diese Verfahren waren für den Patienten schmerzhaft, mit Schwellungen etc. verbunden.

Abb. 2a: Die komplette bukkale Lamelle fehlt (Klasse III Defekt)

Anhand einer Behandlungssequenz wird ein Verfahren dargestellt, das minimal invasiv, auch beim kompletten Verlust der bukkalen Lamelle, zu einer Rekonstruktion des Alveolarfortsatzes führt. Abgeleitet wurde das Verfahren von der Methode der Socket- bzw. Ridge-Preservation.

Fallbeispiel
Eine 36-jährige Patientin mit Zustand nach Endodontie erhielt vor einigen Jahren eine Krone auf Zahn 12. Ohne Trauma kommt es nach längerer Funktionsdauer zu der spontanen Ausbildung einer Fistel im mittleren Wurzelbereich mit dem Verdacht einer Längsfraktur.

Abb. 3a: BioOss Collagenblock in situ

Die Patientin wird daraufhin von ihrer behandelnden Zahnärztin (Frau DDr. Anna-Maria Hansy-Janda, Baden bei Wien) an die Akademie für Orale Implantologie zur Durchführung einer dreidimensionalen Volumentomografie zugewiesen. Auch hier erhärtet sich der Verdacht auf eine Längsfraktur mit komplettem Fehlen der bukkalen Lamelle.

Die ästhetischen Vorgaben waren hoch. Die Patientin zeigt eine hohe Lachlinie. Die ästhetischen Ansprüche, wie eine symmetrische Gingivagirlande, waren Wunsch der Patientin. In Folge wurde der Zahn extrahiert und das Fehlen der bukkalen Lamelle verifiziert. Die verbleibende Alveole wurde mit einem BioOss-Collagenblock (Geistlich Bio-Oss® Collagen Block) aufgefüllt und anschließend die Alveole mit einem vom Gaumen gestanzten freien Schleimhauttransplantat gedeckt.

Abb. 3b: Schleimhautstanze vom linken
Gaumen mit 7,0 Nähten fixiert

Der Punch wurde mit 7,0 Nähten fixiert. Eine provisorische Lückenversorgung wurde mithilfe einer Klebebrücke durchgeführt. Es erfolgte eine postoperative Antibiose für eine Woche.

Das Einheilen des BioOss-Collagenblockes verlief problemlos. Acht Monate später wurde mithilfe einer virtuellen Planung (NobelGuideTM-System) das Implantat geplant und über die angefertigte Führungsschiene am Gipsmodell ein Technikimplantat gesetzt, ein Procera®-Abutment und eine provisorische Kronenversorgung angefertigt.

Abb. 4b: Klebebrücke in situ

Mittels der Schiene wurde dann ein 16mm langes Replace®-Select-Tapered-Implantat primär stabil mit 40Ncm inseriert. Das Implantat war korrekt ausgerichtet, das Abutment wurde mit 30Ncm fixiert und die Krone provisorisch zementiert.

Die Zentrik und Exzentrik wurde freigeschliffen. Es kam zu einem unauffälligen Einheilen des Implantates, sodass weitere vier Monate später das Zirkonabutment in der Ordination der niedergelassenen Zahnärztin (Frau DDr. Anna-Maria Hansy-Janda) etwas nachpräpariert, in herkömmlicher Weise mit Silikon abgeformt und die definitive Krone eingegliedert wurde.

Vergleicht man das Ausgangsbild mit dem Endbild, so zeigt sich, dass mit diesem einfachen minimal invasiven augmentativen Verfahren das Hart- und Weichgewebe so rekonstruiert werden konnte, dass eine dem kontralateralen Zahn idente Krone eingegliedert werden konnte.

Abb. 5a: Rekonstruktion acht Monate postoperativ

Im Ausgangsbild sieht man, dass der höchste Punkt der Gingivagirlande des Zahnes 12 etwa mit dem höchsten Punkt der Gingivagirlande des Zahnes 13 korrespondiert. Im Endbild ist die neue Krone deutlich kürzer, sind die Papillen wunschgemäß gefüllt, keine schwarzen Dreiecke und ein in der rot-weißen Ästhetik identes Zustandsbild wie der des kontralateralen Zahnes.

Mit dieser minimal invasiven Methode zum Kieferkammerhalt mit BioOss-Collagenblöcken gelingt es auf einfache Weise, Klasse-III-Defekte mit komplettem Fehlen der bukkalen Lamelle zu rekonstruieren. Die Deckung der Alveole kann entweder mit einem Punch oder auch mit einem freien Bindegewebetransplantat oder auch nur mit einer resorbierbaren Membran erfolgen.

Abb. 5c: Schienengeführte Implantation

Wartezeiten sollten bis zur Implantation vier bis acht Monate betragen. In der Zwischenzeit ist eine Klebebrücke aus Kunststoff die optimale Variante der provisorischen Versorgung. Eine schleimhautgetragene Prothese wäre hier kontraproduktiv, da sie zu viel Druck auf das umgebende Hart- und Weichgewebe ausübt.

Die Implantation über ein virtuell geführtes Verfahren beinhaltet den Vorteil, dass das minimal invasive Konzept beibehalten wird und dass die Implantate in optimaler Weise in der sagittalen Position gesetzt werden können. Der ästhetische Erfolg ist somit planbar und vorhersagbar.Wie anhand dieses Beispieles gezeigt werden konnte, ist das Teamwork des niedergelassenen Bereichs und des Spezialisten ein praktikables Vorgehen zur Versorgung komplexer Fälle. Es stellt für alle Beteiligten eine Win-win-Situation mit der bestmöglichen Therapie für den Patienten dar.

Dr. Georg Mailath-Pokorny

Anm. d. Online-Redaktion: Aus Platzgründen können auf dieser Webpage nicht alle Abbildungen gezeigt werden. Sie finden sie in der Printausgabe.

 

 

Abb. 6a: Kontrolle des Implantates im sagittalen Schnitt