Kieferorthopädie in der Praxis

Kosmetische Eingriffe im Gesicht, von den Medien stark beworben, werden zunehmend nachgefragt. Weil die Ästhetik des Mundbereiches zu einem sehr großen Anteil von der Gebisssituation abhängig ist, sind auch wir Zahnärzte gefordert.

Es ist bekannt, dass eine Behandlung der Zähne nicht nur den Mund, sondern auch das gesamte Gesicht ansprechender, sogar jünger erscheinen lassen kann. Auf der anderen Seite wissen wir, dass die Patienten oft unklare, jedenfalls aber hohe und manchmal unrealistische Erwartungshaltungen an das Behandlungsziel haben. Sie äußern auch gerne konkrete Wünsche, mit welchen Maßnahmen die Ziele erreicht werden sollten.

Abb. 1: Das Lächeln war nicht perfekt

Meine Patientin, als Beispielfall, hatte den Wunsch nach einem perfekten Lächeln (Abb. 1). Die ihrer Meinung nach lediglich ihre oberen Frontzähne betreffende Behandlung wollte sie mit den unsichtbaren Invisalign-Schienen durchgeführt haben.

Die klinische Diagnose lautete: Engstand in der oberen Front, eine halbe Klasse II beidseits im Eckzahnbereich, im Molarenbereich links ebenfalls eine halbe Klasse II, aber im Molarenbereich rechts eine Klasse I-Verzahnung, der Zahn 45 fehlte (Abb. 2 und Abb. 3).

Abb. 4: Ausreichend Platz im
Bereich der Wurzel des Z 45

Vorweg möchte ich anmerken, dass ich Extraktionen von Prämolaren, seien es Ausgleichextraktionen in den anderen drei Quadranten oder die Extraktionen von 14 und 24 zur Behandlung der Klasse II im Eckzahnbereich und zur Auflösung des Raummangels im Oberkiefer nicht einmal annähernd angedacht habe. Solche Maßnahmen, die primär die okklusalen Probleme, keineswegs aber die Gesichtsästhetik berücksichtigen, gehören ein für alle Male der Vergangenheit an. Die Extraktion des Zahnes 14 alleine, die den oberen Bogen an den bereits asymmetrischen Unterkieferbogen anpasst, könnte sich sogar als Kunstfehler herausstellen.

Abb. 5: 44 und 46 werden mit einer Druckfeder aufgerichtet

Ich erkläre der Patientin, dass die Invisalign-Schienen ihren oberen Zahnbogen ausformen können. Allerdings ist am Ende der Behandlung wegen der Rücklage des unteren Zahnbogens das Lächeln weniger breit und die oberen Frontzähne stehen zu den unteren in einem Abstand nach vorne.

Mein Behandlungsvorschlag war statt der Schienen eine Multibracketbehandlung mit Ausformen des oberen Zahnbogens und Wiederöffnen der Lücke für die Zahnkrone 45. Die Patientin war mit meinem Vorschlag einverstanden.

Abb. 6: Abnahme der Brackets

Das Panoramaröntgen (Abb. 4) zeigte ausreichend Platz im Bereiche der Wurzel des Zahnes 45. Die gekippten Zähne 44 und 46 konnten einfach mit einer Druckfeder aufgerichtet werden (Abb. 5). Für die Bissverschiebung hat die Patientin Klasse-II-Züge getragen. Der Lückenschluss bei 45 nach Abnahme der Brackets (Abb. 6) erfolgte wie geplant durch ihren Zahnarzt (Abb. 7). Am Ende der Behandlung hat die Patientin gut lachen. Sie hat sich richtig entschieden (Abb. 8).

Prim. Dr. Doris Haberler

Anm. d. Online-Redaktion: Aus Platzgründen können auf dieser Webpage nicht alle Abbildungen gezeigt werden. Sie finden sie in der Printausgabe.

Abb. 7: Lückenschluss durch den eigenen Zahnarzt