Praxishygiene ? Versuch einer Standortbestimmung

Gesetze, Verordnungen, Normen, Richtlinien, Leitlinien und Empfehlungen gibt es in großer Zahl. Welche Regelungen bieten eine Orientierung für die tägliche Hygieneroutine in der Zahnarztpraxis? Was gilt in der Infektionsprävention als der Stand von Wissenschaft und Technik? Die Serie „Arbeits-, Praxis- und Umwelthygiene" versucht, Antworten zu dem immer komplexer werdenden Thema „Anforderungen an die Hygiene in der Zahnarztpraxis" zu geben.

Das ZÄG verpflichtet die Angehörigen des zahnärztlichen Berufes, ihre Ordinationsstätte in einem Zustand zu halten, der den für die Berufsausübung erforderlichen hygienischen Anforderungen entspricht, und entsprechend den fachspezifischen Qualitätsstandards zu betreiben. Da Standards nur anhand von Kriterien definiert werden können, hat die ÖZÄK in der Qualitätssicherungsverordnung die Hygienekriterien wie folgt global beschrieben: „In der Ordination gibt es Durchführungsanweisungen für die Erfüllung der Grundanforderungen an Hygiene und Sauberkeit nach den geltenden Bestimmungen, die dementsprechend aktualisiert werden."

Häufig verlassen sich Zahnärztinnen und -ärzte beim Thema Arbeits-, Praxis- und Umwelthygiene fast zur Gänze auf die durchführenden zahnärztlichen Ordinationshilfen (Zahnarzthelferinnen). Die einmal festgelegten „Spielregeln" verlieren jedoch bei jedem Ausscheiden der erfahrenen „Ersten" (meist Chefassistentin) an Ecken und Kanten. In der Regel übernimmt die neue Erste die gewohnten Abläufe. So kann es zu tradierten Hygienetätigkeiten kommen, die in vielen Fällen von den Führungskräften kaum mehr hinterfragt oder kontrolliert werden.

Nachfolgend finden Sie die für die Artikelserie geplanten zehn Themenblöcke aufgelistet. Wir haben daraus je ein bis zwei anspruchsvolle (oder auch weniger anspruchsvolle) Maßnahmen herausgegriffen. Wenn Sie für Ihre Praxis alles mit „ja" beantworten können (abgesehen von Punkten, die für Ihre Praxis von Haus aus nicht zutreffen), dann darf man zweifellos Ihnen und Ihrem Team zu dem überdurchschnittlichen Bemühen um Infektionsprophylaxe und Umweltschutz gratulieren.

Hygienemaßnahmen am und für den Patienten:
Der Anamnesebogen wird bezüglich der vom Patienten determinierten Infektionsrisiken regelmäßig einem Refreshing unterzogen.

Hygienemaßnahmen für das Behandlungsteam:
In den Behandlungsräumen verfügen die Wasch- und Desinfektionsplätze über eine Hygieneausrüstung. Die Entnahme der Waschlotion und des Desinfektionsmittels erfolgt ohne Handberührung. Gleiches gilt für die Wasserarmatur.

Aufbereitung von Medizinprodukten:
Die Aufbereitung der Handinstrumente für allgemeine, präventive, restaurative oder kieferorthopädische (nicht invasive) Maßnahmen erfolgt entweder in zwei getrennten chemischen Eintauchbädern (ggf. Ultraschall-Reinigungsgerät und Desinfektionsbox) mit abschließender thermischer Desinfektion im Dampfsterilisator oder im Reinigungs-Desinfektionsgerät (RDG).

Aufbereitung abnehmbarer Teile von Zusatzgeräten am Behandlungsplatz:
Gemeint sind die abnehmbaren Teile z.B. von Polymerisationslampen, Zahnsteinentfernungs- oder Pulverstrahlgeräten. Dabei stellen die Zusatzgeräte mit Austritt von Flüssigkeiten und/oder Luft oder Partikeln ein spezielles Problem dar. Deren abnehmbare Teile sollten nicht nur außen gereinigt und desinfiziert werden, sondern auch innen (sofern dies der Hersteller material- und konstruktionsbedingt zulässt). Teile, die in der Praxis nicht in ausreichender Anzahl vorrätig sind, bedürfen ebenfalls einer speziellen Lösung.

1.  Die Aufbereitung der abnehmbaren Teile, die nicht als Einmalartikel ausgeführt oder mittels Schutzfolien abgedeckt sind, erfolgt nach jeder Anwendung am Patienten zum Schutz des nächsten.

2. In speziellen Fällen kommen Einmalartikel (z.B. Ansätze der Mehrfunktionsspritze) oder Schutzhüllen (z.B. Schutzhüllen für den Lichtleitstab des Polymerisationsgerätes) zum Einsatz.

Flächendesinfektion und Reinigung:
1. Nach der Behandlung eines jeden Patienten werden die durch Kontakt und/oder Aerosol kontaminierten patientennahen Oberflächen desinfiziert.

2. Auf die Sprühdesinfektion wird aus gesundheitlichen Gründen und wegen der Benetzungslücken auch im Hauptsprühstrahl so weit wie nur möglich verzichtet.

Hygiene bei Abformungen und technischen Werkstücken:
Vor der Weitergabe der Abformung (aus der Mundhöhle des Patienten) an die praxiseigene oder externe Zahntechnik erfolgt in der Klinikzone eine Desinfektion im chemischen Eintauchbad.

Hygienische Wartung der Absauganlage:
Filter und Siebe werden erst am Tag nach der Desinfektion (vor Behandlungsbeginn) entnommen und aufbereitet.

Wasserführende Systeme:
1. Die Behandlungseinheit verfügt über ein internes oder externes Desinfektionssystem für das Brauchwasser.

2. Die Qualität des Brauchwassers wird jährlich einer Überprüfung (Grobtest in Eigenkontrolle oder Prüfbericht eines Hygieneinstituts) unterzogen.

Aufbereitung der Praxiswäsche und Reinigungstextilien:
Die Arbeitskleidung (Stuhlassistenz und Prophylaxe) wird entsprechend den unterschiedlichen Textilien aufbereitet: sog. Kochwäsche (thermische Desinfektion in der Waschmaschine 90°C 10 min/ 85°C 15 min) und sog. Buntwäsche bis 40 - 60°C (spezielle Waschmaschinen, die das erforderliche Flottenverhältnis bei dem chemo-thermischen Desinfektionswaschverfahren sicherstellen).

Abfallsammlung, -bereitstellung und -entsorgung:
Verletzungsgefährlicher Abfall wird an dem Ort, wo er anfällt in einem speziellen Behälter gesammelt, der nach dem Verschließen ohne Gewaltanwendung nicht mehr geöffnet werden kann (Schnappverschluss).

Rudolf Bohrer und Dr. Peter Wallner