Moderne Zahnmedizin: Vor- und Nachteile in der Zahnarztpraxis

Lupe und Mikroskop sind Begriffe, die in vielen medizinischen Fachbereichen immer öfter vorkommen -  so auch in der Zahnmedizin. Doch welchen Stellenwert sollen sie in unserer täglichen Praxis einnehmen?

Manche Kolleginnen und Kollegen meinen, mit der Vergrößerung eine genauere, länger haltende Arbeit leisten zu können. Andere wiederum sehen die Sehbehelfe eher als hinderlich bei der Arbeit.

Ich werde in den nächsten Folgen der ZMT Theoretisches über Vergrößerungen und deren Techniken beschreiben, mit praktischen Beispielen wozu man beispielsweise das Mikroskop brauchen kann; dazu sollen Interviews im Kollegenkreis geführt werden.

Abb. 1: Palatinal occlusale Amalgamfüllung

Grundlagenwissen Teil I:
Um aus dem reichhaltigen Angebot, das für Sie passende Vergrößerungssystem zu finden, sollten Sie sich über folgende Parameter Gedanken machen: Welches Lupen-System? Grundsätzlich kann zwischen Galilei´schen und Kepler´schen-Optiken unterschieden werden. Kepler´sche Systeme besitzen zwischen den Linsen noch ein Prisma und werden daher auch Prismenlupen genannt. Aufgrund des Prismas haben sie einerseits eine größere Baulänge und auch deutlich mehr Gewicht als Galilei´sche, auf der anderen Seite bieten sie stärkere Vergrößerungen und eine bessere Randschärfe. Galilei´sche Lupen sind kleiner sowie leichter und bieten damit einen höheren Tragekomfort. Zu empfehlen sind jene mit 2- bis maximal 3,3-facher Vergrößerung. Je nach Hersteller werden ab einer 3-fachen Vergrößerung ohnehin nur noch Prismenlupen angeboten.

 

Abb.2: Säuberung mit dem Sandstrahlgerät

Brille oder Kopfrahmen?
Bei vielen Herstellern können die Optiken wahlweise auf ein Brillengestell oder einen Kopfrahmen montiert werden. Brillenmontage hat den Vorteil, dass die Lupe - einmal perfekt justiert - mit einem Handgriff zur Verfügung steht und gleichzeitig als Schutzbrille dient. Neben den Flip-up-Modellen (hier kann die Optik nach oben geschwenkt werden) gibt es noch Modelle mit aufgeklebten Optiken (Zeiss) oder sogar in das Brillenglas integrierte Optiken (SURGITEL und Orascoptic). Die TTL-Montage (Through The Lense) wird meist als sehr angenehm empfunden. Bei diesen Modellen sind der Interpupillarabstand und der Neigungswinkel fix.

Abb. 3: Compositfüllung K2 occlusal-palatinal

Bei Zeiss ist nur ein geringer Neigungswinkel möglich, SURGITEL dagegen bietet bis zu 33 Grad. Für eine Kopfrahmen-Version spricht die bessere Gewichtsverteilung, was vor allem bei stärkeren Vergrößerungen mit Prismenlupen und bei der Kombination mit Lichtsystemen zum Tragen kommt. Ebenso können mit der Kopfrahmen-Version Brillenträger die Optiken einfach vor ihre normale Brille klappen. Wollen mehrere Behandler dieselbe Lupe benutzen und benötigt einer eine optische Korrektur, kommt ohnehin nur die Kopfrahmen-Version in Frage. (Quelle: Dent Implantol 7, 508-520 (2003))

Abb. 4: Nochmalige Entfernung der Compositfüllung.

Ein Fall aus der Praxis:
Ein Patient kommt in die Ordination mit Schmerzen am Zahn 16, der eine palatinal-occlusale Amalgamfüllung (Abb. 1) hat. Der Patient gibt an, dass jedes Mal, wenn er mit Zahnseide durch den Kontaktpunkt fährt, der Zahn weh tut; es tut aber nicht weh, wenn man mit der Zahnseide am Zahnfleisch ankommt.

Die Amalgamfüllung wurde entfernt und es stellte sich folgendes Bild dar:
Der distopalatinale Höcker war quer etwas über dem Gingivarand vom Dentin Richtung Schmelz frakturiert, ebenfalls war der mesiopalatinale Höcker mit einem großen Frakturspalt von palatinal nach mesial versehen. Es wurde der distopalatinale Höcker occlusal gekürzt und in die Kunststofffüllung overlayartig einbezogen. Der Zahn wurde mit dem Sandstrahlgerät gesäubert und eine Compositfüllung K2 occlusalpalatinal durchgeführt (Abb. 2, 3).

Abb. 5: nochmalige Säuberung mit dem Sandstrahlgerät

Der Patient klagt 8 Monate hindurch immer wieder über Kälteempfindlichkeit des Zahnes und es wurde daher noch eine palatinale Zahnhalsfüllung gemacht. Nach dieser sind die Schmerzen allerdings dramatisch stärker geworden, sodass als letzte Rettung vor einer Wurzelbehandlung die Compositfüllung noch einmal entfernt wurde (Abb. 4, 5).

Dieses Mal wurden die Sprünge im Zahn mit dem Sandstrahlgerät solange verfolgt, bis sie unter zwanzigfacher Vergrößerung nicht mehr zu sehen waren. Es wurde der distopalatinale Höcker, der zuvor overlayartig in die Präparation mit einbezogen wurde, nun bis zum Frakturspalt knapp über Gingivaniveau gekürzt. Anschließend wurde eine Teilrekonstruktion aus Composit durchgeführt und der Zahn in seiner „ursprünglichen" Form wieder hergestellt (Abb. 6). Und die Schmerzen waren vollkommen beseitigt!

Andauernde Schmerzen
Solange die Amalgamfüllung im Zahn war, hatte der Patient „nur" Schmerzen beim Verwenden der Zahnseide. Die Sprünge konnten offensichtlich vom Amalgam relativ gut „ausgeglichen" werden. Nach dem Austausch auf Kunststoff dürften die Lufteinschlüsse in den Spalten zu starker Kälteempfindlichkeit geführt haben. Nach neuerlicher Kunststofffüllung - unter Entfernung sämtlicher sichtbarer Sprünge - waren die Kälteschmerzen völlig beseitigt.

DDr. Klaus Kotschy

Abb. 6: Wiederherstellung des Zahns in seiner ?ursprünglichen? Form