Der NÖ-Wohlfahrtsfonds in unseren Tagen

Aus der Sicht des kleinen Mannes

Der kleine Mann ist nicht mehr jung, er schlägt sich also schon über zwei Jahrzehnte mit dem WFF-Niederösterreich herum. Er war über all die Jahre auch keiner, der die Dinge so ganz genau wissen wollte. Es ging ihm da wie vielen seiner Kolleginnen und Kollegen. Es gab spontane Freudenausbrüche, wenn er die WFF-Abzüge von seinen Honoraren gesehen hat, und ansonsten ein resigniertes: „Was soll´s, die da oben machen ja doch, was sie wollen!" Zwischendurch hat er immer wieder mal einen Blick ins Kammerblatt geworfen, wo häufig zu lesen war, wie toll so ein WFF doch ist, und wie froh und stolz die kleinen Menschen sein dürfen, dass sie ihn haben. Die eher zynische gemeinte Aussage eines hohen Kammerfunktionärs „es gäbe 9 beste WFF" hat der kleine Mann achselzuckend hingenommen. Man kennt das ja mit dem Föderalismus, in Tirol müssen die KollegInnen sicher auch lesen, dass gerade ihr Landes-WFF der beste aller Fonds ist!

Irgendwann einmal, es ist noch gar nicht so lange her, hat der kleine Mann dann begonnen, ein bisschen nachzudenken. Er meint, dass es schon in Ordnung ist, dass ein demokratischer Rechtsstaat seine Bürger dazu anhalten darf, ja muss, für ihre Pensionen vorzusorgen. Durchaus diskutierenswert erscheint ihm jedoch, dass der österreichische Staat manchen seiner Bürger, so z.B. den Ärzten (der kleine Mann ist Zahnarzt!), diese Pflicht gleich zweimal auferlegt. Neben der gesetzlichen Pensionsversicherung gibt es ja dem Gedanken des Föderalismus entsprechend neun Landes-Wohlfahrtsfonds der jeweiligen Landesärztekammern, in denen die Zahnärzte der Pflichtmitgliedschaft unterliegen. Zeit ihres aktiven Lebens werden die Zahnärzte und Ärzte also auch hier durch Gesetzeskraft gezwungen, erhebliche Beträge ihres schwer verdienten Geldes in diese Fonds einzuzahlen. Die Addition der Quartals-Zwangsbeiträge von SVA und WFF bringt ein unerfreuliches Ergebnis, meint der kleine Mann. Es ist daher erstaunlich und auch völlig unerklärlich für ihn, dass es für viele, ja sogar für weitaus die meisten Staatsbürger diese doppelte Zahlungspflicht nicht gibt.

Der kleine Mann weiß, dass der WFF im Wesentlichen aus der Grund- und Ergänzungsleistung sowie der Zusatzleistung besteht. Erstere funktioniert fußend auf dem Solidarprinzip in Form des so genannten Generationenvertrages. Denn sonst wären z.B. die lebenslange Versorgung einer jungen Arztwitwe und die Versorgung ihrer Kinder bis zum Ende der Ausbildung ja vollkommen unmöglich. Ein fiktiver jung dahingeschiedener Kollege könnte in seinen wenigen Beitragsjahren ja nie und nimmer dafür ausreichende Beiträge geleistet haben. Lediglich die Zusatzleistung wird von den KollegInnen individuell angespart.

Mit Sorge hat der kleine Mann registrieren müssen, dass es nun seit einiger Zeit in NÖ Unruhe um den Landes-WFF gibt. Ehemalige Verantwortunsgträger tragen Streitigkeiten mit den derzeitigen aus. Auffallend ist auch, dass ziemlich gleichzeitig mit der Trennung der Zahnärzte von den Ärzten plötzlich eine Welle von Nachforderungen an Zahnärzte eingesetzt hat. In Anbetracht dessen, dass die Fondsverantwortlichen immer alle Unterlagen der betroffenen KollegInnen zur Verfügung hatten (bzw. das Recht, diese einzufordern), denkt er sich seinen Teil dazu. Ob da seitens der Verantwortlichen wirklich immer mit der nötigen rechnerischen Sorgfalt gearbeitet wurde?

Es ist im übrigen auch kein idealer Zustand, meint der kleine Mann, dass heute zwei, ja eigentlich sogar drei vollkommen voneinander getrennte Gruppen (Ärzte, Fachärzte für ZMK, Dres. med. dent.) in einen gemeinsamen Fonds einzahlen (müssen). Nicht zuletzt in Anbetracht der zahlenmäßigen starken Überlegenheit der Ärzte sind da Konflikte geradezu vorprogrammiert.

Und dann erhält er auf einmal ein Schreiben der Kollegen Reisner (Präsident ÄK-NÖ) und Sattler (Vorsitzender des Verwaltungsausschuss des Wohlfahrtsfonds), zweier großer Männer also. Dieses Schreiben ist so außergewöhnlich, dass es eine Replik des kleinen Mannes an der Basis geradezu herausfordert.

Der Text des Briefes ist im folgenden kursiv gesetzt:
Tatsache ist, dass es Gutachten aus 1994, 1998, 2001, 2003 und 2005 gibt, welche eindeutig belegen, dass es unserem Wohlfahrtsfonds mittelfristig dann gut geht, wenn gewisse Maßnahmen umgesetzt werden.
Eine etwas seltsame Formulierung, denkt er und meint: Helft uns, große Männer: Stellt uns die Gutachten einfach im ÄK-Intranet zur Verfügung, wir wollen uns selbst ein Bild machen!

Fest steht also, dass einzelne Maßnahmen längst fällig gewesen wären und dass es Ärztinnen und Ärzte gibt, bei denen ein grobes Missverhältnis zwischen getätigten Einzahlungen und ausbezahlten Pensionen zulasten des Fonds und der aktiven Ärztinnen und Ärzte besteht. Es gibt da persönliche Unterdeckungen in unglaublichem Ausmaß, die den Fonds und dessen zahlende Mitglieder über Gebühr belasten... ...Laut einem Gutachten sind bis zu 90% der Pensionen im Vergleich zu den dafür einbezahlten Beiträgen zu hoch.

Der kleine Mann weiß nicht, ob er angesichts solcher offen zugegebener Fakten schon von Malversationen sprechen darf. Unstrittig ist für ihn jedoch, dass es aufgrund des geschilderten Sachverhaltes Geschädigte gibt, nämlich die aktiven KollegInnen. Und es gibt PensionistInnen, die das Solidarprinzip (wissentlich oder unwissentlich?) missbrauchen, ohne dass scheinbar seitens der Verantwortlichen bisher dagegen etwas unternommen worden ist. Er fragt sich, wie so etwas überhaupt möglich sein kann!

Folgende weitere Fragen drängen sich nun geradezu auf:
a) Wie lange besteht dieser Missstand schon?
b) Wie viele PensionstInnen beziehen in NÖ zu hohe Pensionen?
c) Wie hoch ist der alleine dadurch bisher entstandene Schaden in Zahlen?
d) Wer war für die Missstände unmittelbar bzw. mittelbar (übergeordnete Gremien) verantwortlich?
e) Wer ist es heute?
f) Wurde seitens der neuen Verantwortlichen dieser Missstand wenigstens umgehend abgestellt,  oder besteht er munter weiter?

Es ist auf jeden Fall Verständnis der derzeitigen Kammerführung, diese heiklen Probleme erst dann öffentlich zu machen, wenn auch Lösungen auf dem Tisch liegen.

Ergänzung: im consilium 11/2008 schreibt Kollege Sattler auf S. 31 folgenden Satz:
Für die Vergangenheit übernehme ich keine Verantwortung, aber für die Zukunft!

Der kleine Mann denkt sich: So kann das nie und nimmer funktionieren. Der Sachverhalt liegt hier unzweifelhaft so, dass eine neue Standesführung der oder den früheren Standesführung(en) punkto WFF na sagen wir einmal salopp „Versäumnisse" zum Schaden der aktiven Kollegenschaft vorwirft. Und Kollege Sattler erklärt apodiktisch, für die Vergangenheit könne er keine Verantwortung übernehmen. Der einzig Weg, die Sache wirklich 100%-ig hygienisch weiterzuführen kann nur darin bestehen, den Ist-Zustand des Fonds wenn schon nicht bei Amtsübernahme, so doch zumindest jetzt noch schonungslos offen zu legen. Zu einer solchen Offenlegung, die alleine imstande wäre, die Vergangenheit sauber von der Zukunft zu trennen, würde unter anderem gehören:
a) Veröffentlichung des aktuellen Rechnungshofberichtes und der oben genannten Gutachten
b) Offenlegung des derzeitigen Gesamtvermögens des Fonds. Aus welchen Vermögenswerten setzt sich das derzeitige Vermögen zusammen? Wer hat in der Vergangenheit veranlagt, wer tut es jetzt? Welche Vermögensverluste sind durch Fehler in der Veranlagung der Zwangsbeiträge entstanden?
c) Analyse wichtiger Geldflüsse der Vergangenheit und der Gegenwart (s.a.o.)
d) Offenlegung des vergangenen und derzeitigen Bürokratieaufwandes

Der kleine Mann meint: Erst dann, wenn alle diese Fragen eindeutig beantwortet sind und Einsicht gewährt wurde, wirklich erst dann kann sich der Herr Kollege Sattler von der Verantwortung für die Vergangenheit lossprechen. Jede Verweigerung einer oder mehrer Auskünfte an die betroffene aktive Kollegenschaft muss heute ihm bzw. dem NÖÄK-Präsidenten zur Last gelegt werden. Die oben zitierten Worte lassen nichts Gutes befürchten: es sieht so aus, als würde da hinter verschlossenen Türen „verhandelt" und als Endeffekt würde eine aufklärungs"freie" weitere Belastung der aktiven Kollegenschaft herauskommen.

Und dann holt der kleine Mann tief Luft, fasst sich ein Herz und nimmt mail-Kontakt mit ÄK-Präsident Reisner und WFF-Verwaltungsausschußvorsitzenden Sattler auf. Präsident Reisner „liest" sein mail zwar, findet zu einer Antwort in weiterer Folge jedoch keine Zeit. Kollege Sattler antwortet zwar, der kleine Mann wird aus den Antworten aber nicht wirklich schlau. Sattler kündigt an, es wird auf die zahlreichen Anfragen im nächsten consilium (Kammerblatt der NÖÄK, Anm.) ehrliche Antworten geben. Na andere als ehrliche Antworten hat der kleine Mann von so einem hohen Herrn auch gar nicht erwartet! Verbohrt und hartnäckig, wie er von Natur aus ist, begnügt er sich nicht damit und hakt weiter nach. Er fragt den hohen Herren nun unumwunden, ob einzelne KollegInnen bzw. deren autorisierte sachkundige Vertreter in das "Zahlenwerk" WFF Einsicht nehmen können. Er meint damit natürlich nicht die individuell angesparten Zusatzleistungen, denn es geht ihn ja wirklich nichts an, was Kollege X oder Kollegin Y da angespart haben. Aber in das „große" Zahlenwerk hätte er bzw. sein autorisierter Vertreter schon gerne Einsicht genommen. Und weil's gleich so schön passt, in den aktuellen Rechnungshofbericht auch. Nun da ist er wohl zu vorlaut gewesen, unser lästiger kleiner Mann, denn Dr. Sattler gibt ihm nur eine sehr diffuse Antwort und hat für weiteren mail Verkehr sichtlich auch keine Zeit mehr.

In Summe hat der kleine Mann die Antworten, die er eigentlich gewollt hat, aber (noch?) nicht erhalten. Er meint, vielleicht hilft es, wenn andere KollegInnen auch fragen:
Hier die mail- Adressen:
Dr. Christoph Reisner, Präsident NÖ-ÄK: arztnoe@arztnoe.at
Dr. Sattler, WFF-Verantwortlicher: betriebsrat@krems.lknoe.at

Dr. Peter Standenat