Differenzialdiagnosen pigmentierter Schleimhautläsionen Teil 1: Benigne melanozytäre Hyperpigmentierungen

Weit häufiger als die hoch aggressiven Schleimhautmelanome sind glücklicherweise gutartige Hyperpigmentierungen der oralen Mukosa. Allerdings können sie makroskopisch große Ähnlichkeit mit Melanomen aufweisen, was eine sorgfältige Differenzialdiagnose und in vielen Fällen auch eine pathohistologische Abklärung der Dignität derartiger Läsionen erforderlich macht.

Ursache einer lokalisierten oder diffusen Verfärbung der Schleimhaut kann sowohl eine Vermehrung melaninproduzierender Zellen und/oder intensivierte Melaninproduktion, als auch die Einbringung exo- und endogener nicht melanotischer Pigmente sein. Das Ausmaß der melanozytären Pigmentproduktion wird von Faktoren wie der Exposition zum Sonnenlicht gesteuert, was allerdings für die orale Mukosa nur von geringer Bedeutung ist. Hier verursachen vor allem genetische, hormonelle und stoffwechselbedingte Parameter eine intensivierte Synthese des Pigments aus seiner Vorstufe Tyrosin. Auf Grund des Tyndall Effekts imponieren die Läsionen in Abhängigkeit von der abgelagerten Melaninmenge braun bis schwarz.

Intraorale Naevi – die wichtigste Differenzialdiagnose zum Melanom

Klinisch sind Naevi scharf begrenzt, symmetrisch aufgebaut und zeigen unter der Lupe regelmäßig verteiltes Pigment. Die Färbung kann unterschiedlich intensiv ausgeprägt sein. Ähnlich wie bei seinem malignen Konterpart treten auch hier amelanotische Formen auf. Trotz der definierten Unterschiede ist mit ausschließlich klinischen Methoden eine sichere Abgrenzung gegenüber einem Melanom nicht immer möglich. Auch zunächst gutartige Läsionen können dysplastisch werden und in der Folge malign entarten. Bei geringstem Zweifel an der Dignität und vor allem bei einem Durchmesser über 0.5 cm ist eine Totalexzision mit anschließender histopathologischer Untersuchung in einem Labor dringend zu empfehlen. Das histologische Bild zeigt beim Muttermal Nester von monomorphen polygonalen Naevuszellen, welche gegen die Tiefe hin ausreifen. Der gutartige Naevus hat keine destruktiven Wachstumsmuster und keine pagetoide Epithelinfiltration. In Abhängigkeit von der Lokalisation der Zellnester in Bezug zum Epithel unterscheidet man Junktions-, Compound- und dermale Naevi, wobei letztere die häufigste orale Form darstellen. Wegen seiner fast schwarzen Pigmentierung ist besonders die Unterscheidung zwischen einem blauen Naevus (N. coeruleus) und dem malignen Melanom von Bedeutung. Derartige Läsionen sollten, wenn möglich bereits primär in toto mit Resektionsrand im Gesunden exzidiert werden. Ein weiterer, nicht selten dramatisch imponierender und zunächst fälschlich als Melanom interpretierter Tumor ist das Melanoakanthom. Es betrifft vor allem Frauen mit dunkler Hautfarbe und hat seine Prädeliktionsstellen an der bukkalen Mukosa, dem Gaumen und der Gingiva. Morphologisch imponiert es im Frühstadium als dunkler Fleck, später erhaben und vorgewölbt. Im Gegensatz zum Melanom ist der Tumor aber gutartig. Eine Totalexzision mit pathohistologischer Abklärung ist wegen seiner morphologischen Ähnlichkeiten zum Melanom und seines raschen Wachstums unbedingt erforderlich. Im mikroskopischen Bild findet man neben hyperkeratotischer Verhornung eine Proliferation dentritischer Melanozyten mit immunhistologischer Positivität für S100, Melan A und HMB45.
Unterschiedliche Ursachen einer verstärkten Melanin-einlagerung. Physiologisch oder ethnisch bedingt kann es an der Gingiva zu Hyperpigmentierungen kommen, wobei das Ausmaß nicht unbedingt mit dem Hautcolorit assoziiert sein muss. Im Gegensatz zu malignen Läsionen sind diese jedoch entweder diffus oder symmetrisch fleckig angeordnet und zeigen keine Wachstumstendenz. Histologisch findet man keine vermehrten Melanozyten, lediglich intensivierte Pigmentablagerungen. Auch postinflammatorisch, bei mukokutanen Erkrankungen, wie dem Lichen planus oder im Rahmen autoimmuner Prozesse können derartige reaktive Phänomene auftreten. Steroidhormone regen ebenfalls die Pigmentproduktion an. Typischerweise kommt es deshalb in der Schwangerschaft oft zu bräunlichen Verfärbungen der Mundschleimhaut. Fleckige, eher lokalisierte Hyperpigmentierungen findet man als Folge von regelmäßigem Tabakkonsum als sogenannte Rauchermelanose. Sie treten aber auch als Nebenwirkung bei antiretroviraler Therapie bei HIV-Patienten und nach Strahlenexposition im Kopf/Halsbereich auf. In seltenen Fällen kann die Ursache syndromassoziiert sein. Beim Peutz-Jeghers-Syndrom, einer genetisch bedingten intestinalen Polypose mit erhöhtem Risiko für colokolorektale Karzinome, findet man peri- und intraoral schwarzbraune Flecken an Lippenrot und Wangenschleimhaut. Auch M. Addison, eine Unterfunktion der Nebennierenrinde führt zu Hyperpigmentierungen an Schleimhäuten.

Frühkindliche pigmentierte Läsionen erfordern rasche Abklärung

Der „pigmentierten neuroektodermalen Tumor tritt meist im frühen Kindesalter bevorzugt in Maxilla und Mandibula auf, kann aber auch andere Organe, wie das Gehirn und die Nebenhoden betreffen. Er manifestiert sich als intraossäre dunkle Masse und zeichnet sich, obwohl von seiner Dignität her als benign einzustufen, durch rasches, destruktiv verdrängendes Wachstum aus. Differenzialdiagnostisch ist eine Abklärung gegenüber bösartigen Tumoren des Kindesalters wie dem Rhabdomyosarkom und dem Neuroblastom durchzuführen.

DDr. CHRISTA EDER
FA für Pathologie und Mikrobiologin
eder.gasometer@chello.at