ZMT sprach mit dem neuen ÖGI-Präsidenten, Prim. Priv.-Doz. Dr. Dieter Busenlechner.
Haben Sie sich immer schon mit Implantologie beschäftigt?
Busenlechner: Ja. Meine wissenschaftliche Reise hat bei Implantaten begonnen und beschäftigt sich seitdem mit Implantologie. Der Fokus ändert sich immer ein wenig, wird teilweise auch vom Mainstream oder anderen Forschungsergebnissen beeinflusst. Einerseits um erwartete Daten bestätigt zu bekommen, andererseits Unerwartetes genauer zu beleuchten und auch Daten zu hinterfragen. Begonnen habe ich als Diplomand im Karl Donath-Labor an der Wiener Zahnklinik bei Stefan Tangl, der ein sehr innovativer und sehr kritischer Lehrer war und mich auch in eine Position gebracht hat, um an die Abteilung für orale Chirurgie zu kommen. Prof. Watzek hat zu einem Zeitpunkt an mich geglaubt, als das nicht viele getan haben, aber er hatte nicht nur in meinem Fall ein gutes Gespür für Mitarbeiter und hat diese auch immer unterstützt und „groß“ werden lassen. Die Zeit war damals sehr geprägt von Oberflächenforschung und -entwicklung, ich bin eher durch Zufall in die Studien mit Knochenersatzmaterialien hineingerutscht. Es gab auch die Idee, die unfassbar aufwändige und kostenintensive Trenn-Dünnschlifftechnik durch dreidimensionale Evaluierung zu ersetzen. Die Technik war aber noch nicht ganz so weit. Aber das Karl Donath-Labor unter Stefan Tangl hat dies in den letzten 15 Jahren kontinuierlich weiter verfolgt. Heute sind es oft prothetische Themen, wie Frontzahnästhetik und Phonetik bei Implantaten, die an der Akademie für orale Implantologie untersucht werden. Spannend finde ich auch alles, was mit dem Thema Patientenzufriedenheit zu tun hat. Wir leben ja das Prinzip „shared decission making“. Die Akademie hat seit 2005 über 40.000 Implantate gesetzt, ein unglaublicher Datenpool für die Evaluierung der Langzeiterfolge. Also meine Untersuchungen hatten immer mit Implantaten zu tun, aber der Fokus hat sich immer wieder etwas verändert.
Was sind Ihre Pläne als ÖGI-Präsident?
Busenlechner: Im Lauf der letzten Jahrzehnte wurde die Gesellschaft auf sehr stabile Füße gestellt, wir haben im Vorstand eine gute Mischung zwischen den Generationen, wir haben großartige Partner in der Industrie und ein neues Sekretariat rund um Clemens Keil. Zum Thema „FZA für orale Chirurgie“ ist mir als Präsident einer hauptsächlich chirurgischen Gesellschaft mit ca. 500 Mitgliedern besonders wichtig, dass es entsprechende Übergangsregelungen geben muss. Persönlich würde ich eine berufsbegleitende Ausbildung zum FZA für sinnvoll erachten. Da gibt es in Ausbildungsbereichen vielleicht Kooperationsoptionen mit dem ÖGI-Curriculum. Die Fälle der ersten Curriculum-Absolventen beim Abschlussgespräch im Rahmen der ÖGI-Tagung sprechen für eine tolle Ausbildung. Bei dieser FZA-Diskussion das Gespräch mit den Entscheidungsträgern zu suchen, erachte ich als wichtige Aufgabe. Ich bin auch dabei abzuklären, inwieweit eine Aufwertung des Berufes der zahnärztlichen Assistenz als Chirurgie- oder Implantatassistenz möglich ist. Die Personalsituation ist ein Thema, das jeden ZA täglich beschäftigt. Mein Verständnis wäre, jungen Menschen, die in den Assistenzberuf einsteigen, eine Entwicklungschance, eine Aufstiegsmöglichkeit zu bieten. Das könnte den gesamten Berufsstand für Junge viel attraktiver machen. Die Förderung und Einbindung der Jugend ist für die ÖGI essentiell. Christoph Staudigl, der letzte Vorsitzende der ÖGI Next Generation wurde zum Vizepräsidenten der Gesellschaft gewählt. Zudem planen wir in den Jahren der ÖGI-DGI-Gemeinschaftstagungen eine Veranstaltung in Zentralösterreich, die unseren jungen Wissenschaftlern die Möglichkeit der internationalen Vernetzung geben soll.
Kennt man schon Termin und Thema der Jahrestagung?
Busenlechner: Die Jahrestagung findet alle zwei Jahre statt. 2026 ist wieder eine Gemeinschaftstagung vorgesehen. Die DGI veranstaltet diese Ende November, Anfang Dezember 2026 in Hamburg. Wie vorhin bereits erwähnt, planen wir als „Ersatz“ in Österreich Ende Juni 2026 eine Veranstaltung in Zell am See, für die auch schweizer, deutsche und südtiroler Kollegen und Kolleginnen begeistert werden sollen.
Haben Sie aufgrund Ihrer Implantologie-Erfahrung Tipps für unsere Leser?
Busenlechner: Ich habe nie verstanden, dass man implantologisch tätig sein kann, ohne eine Basisausbildung in Chirurgie zu haben, ohne Weisheitszähne zu entfernen, ohne Wurzelspitzenresektionen durchzuführen. Wie kann ich dann ein intraoperatives Problem „behandeln“? Besonders schlimm waren Zeiten, in denen Techniker Implantatplanungen für Zahnärzte durchgeführt haben, und unerfahrene Implantologen haben dann anhand dieser Planungen schienengeführte Implantationen gemacht. Mein Tipp: Fundierte Aus- und Weiterbildung lohnt sich, behalten Sie sich das Gefühl für den Knochen mit der „kleinen“ Chirurgie! Im Falle des Falles wird Ihr Grad der Spezialisierung von Richtern oder Anwälten sicher thematisiert werden. Werden Sie Mitglied in der ÖGI und profitieren Sie von vielen Vorteilen, speziell was Aus- und Weiterbildung (z.B. Guidelines der ÖGI) betrifft. Für junge Kollegen, die implantologisch Fuß fassen wollen ist das Curriculum der ÖGI eine tolle Sache, da man sehr praxisnahe, in einem Art „Buddy-System“ die Implantologie und ihre vielen Facetten erlernen kann.
Gibt es noch Punkte, die Ihnen besonders am Herzen liegen?
Busenlechner: Offensichtlich gibt es in Österreich noch immer Zahnarztordinationen, in denen die Implantologie nicht angekommen ist. Wir planen diese Ordinationen zu erreichen und als Gesellschaft moderne Implantologie, frei von Firmeninteressen vorzustellen. Es gibt heute so viele Kooperationsmöglichkeiten mit Kollegen und Kolleginnen, die sich auf Implantatversorgungen spezialisiert haben, dass es 2025 möglich sein sollte, Patienten eine Implantatversorgung als Alternative vorzuschlagen. Viele Patienten werden sich wahrscheinlich dafür entscheiden.
Herzlichen Dank für das Interview!
Priv.-Doz. Dr. PETER WALLNER Umweltmediziner und Medizinjournalist peter.wallner4@gmail.com
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Prim. Priv.-Doz. Dr. Dieter Busenlechner
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