ÖGZMK ? Interview mit dem neuen Präsidenten

ZMT sprach mit Prof. Dr. Herbert Haider über die Hintergründe des Wahlerfolges und über seine Pläne. Prof. Dr. Herbert Haider war seit 2001 Obmann der Kurie der Zahnärzte in der Ärztekammer für Burgenland (davor Stellvertreter), seit 2006 ist er Präsident der Landeszahnärztekammer Burgenland. Darüber hinaus ist er seit 2003 Fortbildungsreferent – zunächst der Bundeskurie, später in der Österreichischen Zahnärztekammer. Im November letzten Jahres wurde er in Rust/Neusiedlersee zum Präsidenten des Dachverbandes der ÖGZMK gewählt. Dies sorgte speziell in universitären Kreisen für einige Aufregung.

Wie kam es, dass ein niedergelassener Zahnarzt Präsident der ÖGZMK wurde?

Haider: Meines Wissens waren zumindest seit dem 2. Weltkrieg die Präsidenten der ÖGZMK immer Universitätsprofessoren. Allerdings regte sich in den letzten Jahren unter den niedergelassenen Kolleginnen und Kollegen zunehmend Unmut über den Vorstand der ÖGZMK und über die hohe Kosten verursachende Zeitschrift „Stomatologie“. Ich wurde dann vor der Neuwahl des Vorstandes darauf angesprochen, ob ich nicht bereit wäre, in der ÖGZMK Verantwortung zu übernehmen. Nach einigen Wochen Bedenkzeit habe ich in Villach – auch gegenüber dem damaligen Generalsekretär Prof. Dr. Arnetzl – angekündigt, dass ich um das Amt des Präsidenten kandidieren werde. In meiner Gruppe kandidierten neben niedergelassenen Praktikern auch Prof. Dr. Crismani von der Innsbrucker Zahnklinik sowie Univ.-Ass. DDr. Krainhöfner von der Bernhard-Gottlieb- Zahnklinik. Die von manchen befürchtete Trennung der ÖGZMK von den Kliniken kann ich daher nicht erkennen. In der Liste von Prof. Arnetzl gab es hingegen keinen einzigen Niedergelassenen, obwohl diese den Großteil des Finanzaufkommens der ÖGZMK bestreiten. Das Ergebnis der Wahl fiel sehr eindeutig zu meinen Gunsten aus (über 76 Prozent der Stimmen). Die Wahlkommission in Rust hat das Ergebnis nach Auszählung aller eingegangenen gültigen Stimmen festgestellt und dieses den beiden Kandidaten mitgeteilt. Prof. Arnetzl vertritt aber offensichtlich den Standpunkt, dass die Wahl ungültig sei und hat nun nach dem Vereinsrecht ein Jahr Zeit, sie anzufechten. Auch der Wahlleiter, Prof. Dr. Bratschko, weigert sich bis heute, das Wahlergebnis bekanntzugeben, obwohl ich ihn schriftlich/per E-Mail dazu aufgefordert habe. So war ich gezwungen, der Vereinspolizei den neuen Vorstand zu melden, und wir haben die Arbeit aufgenommen.

Wie sehen Ihre Pläne hinsichtlich der „Stomatologie“ aus?

Haider: Derzeit besitzt die „Stomatologie“ zu wenig Praxisrelevanz, aber auch zu geringes wissenschaftliches Potenzial. Der Plan wäre, sie mit mehr Praxisrelevanz und in reduziertem Umfang herauszugeben, sei es als eigene Zeitschrift oder als Beilage zur ÖZZ. Die internationale „Stomatologie“ (ISOM) möchten wir so stärken, dass sie international mehr Beachtung findet (Impactfaktor etc.) und es auch für junge österreichische Wissenschafter interessant wird, dort zu publizieren. Es muss daher eine Öffnung für benachbarte Fächer erfolgen, die sich dann auch finanziell am Journal beteiligen müssen. Derzeit laufen erste Gespräche mit namhaften Wissenschaftern, und ich bin überzeugt, dass diese Erweiterung und Anhebung des Niveaus zu einem interdisziplinären gelisteten Journal gelingen wird. Unsere zahnärztliche Tätigkeit hat bedeutende Auswirkungen auf das gesamte optische Erscheinungsbild des Gesichtes. Mit der Neuorientierung und -positionierung der ISOM wollen wir dem Rechnung tragen.

Welche weiteren Ziele haben Sie?

Haider: Wir wollen besonders Studenten und angehende Wissenschaftler gezielt fördern. Von „Einmalzahlungen“ in Form eines einmal ausgelobten Preises halte ich nicht sehr viel. Sinnvoller wären etwa Stipendien oder Seminare für angehende junge Wissenschafter zum Thema „Wie arbeite ich wissenschaftlich?“. Die ÖGZMK könnte auch bestimmte Fortbildungen, die derzeit von Studenten selbst organisiert und finanziert werden, unterstützen. Generell möchten wir die Studierenden stärker in die ÖGZMK einbinden, etwa indem wir sie vom Mitgliedsbeitrag befreien und ihnen dennoch ein Stimmrecht geben usw. Schließlich sind die Studenten unsere Zukunft!

Wird die ÖGZMK eigene Veranstaltungen organisieren?

Haider: Nein! Bereits heute könnte der interessierte Zahnarzt theoretisch jeden Tag zwei zahnärztliche Fortbildungsveranstaltungen besuchen. Über 70% der Kollegen sind Diplominhaber. Dies zeigt, dass die Fortbildung in der Zahnärzteschaft gut angenommen wird und dass das Angebot ausreichend ist. Für reine Firmenveranstaltungen wird es auch weiterhin keine Fortbildungspunkte geben. Möglich sind aber nach wie vor diverse Kooperationen. Erklärt man interessierten Firmen den Hintergrund für diese Einschränkung, findet man durchaus auch dort Verständnis und Zustimmung.

Welche Vorteile ergeben sich aus der Kooperation mit dem Evangelischen Krankenhaus?

Haider: Ja, die Kooperation mit Prof. Vinzenz existiert praktisch seit meinen ersten Tagen als niedergelassener Zahnarzt und war zunächst zufälliger Natur. Sehr schnell merkte ich aber, dass sie eine Bereicherung für meinen zahnärztlichen Alltag darstellte. Ohne solche Kooperationen enthält man seinen Patienten Behandlungsmöglichkeiten vor (zB bei der Betreuung von Tumorpatienten, Unfallopfern, Patienten mit angeborenen Missbildungen …). Man verliert auch keine Patienten, sondern gewinnt über Mundpropaganda neue hinzu. Hier schließt sich auch der Kreis mit dem Bestreben, die ISOM interdisziplinär aufzuwerten. Ganz ehrlich: Auch mein Professorentitel basiert auf dieser Zusammenarbeit.

Herzlichen Dank für das Interview! Das Gespräch führte Dr. Peter Wallner